Eine Abmahnung ist keine Klage

Eigentlich ist es ganz einfach: Eine Klage ist der Antrag von A an ein Gericht, ein Verfahren gegen B einzuleiten. Bei einer Abmahnung dagegen wendet sich A direkt an B und fordert ihn auf, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. Ein Gericht spielt in diesem Falle keine Rolle. Wenn B nicht wie gewünscht reagiert, kann A sich immer noch an ein Gericht wenden – das heißt dann wieder Klage.

Ob Spiegel Online dieser Unterschied bekannt ist? Unter der Überschrift Erzbischof will Comic-Papst verbieten geht es um die Kritik aus der katholischen Kirche an der geplanten MTV-Sendung Popetown. Das Erzbistum München und Freising hatte in einer Presseerklärung mitgeteilt:

Über die Münchner Kanzlei Dr. Günter Knobel wurde der Sender aufgefordert, die von ihm Anfang Mai vorgesehene Ausstrahlung der Fernsehserie “Popetown” zu unterlassen.

Von der Einschaltung eines Gerichtes ist hier keine Rede. Das Erzbistum hat auch in der Pressemitteilung nicht angekündigt, dass bei unbefriedigender Reaktion auf die Abmahnung ein Gericht in Zukunft eingeschaltet werden soll. Die Nachrichtenagentur ddp berichtet daraufhin völlig korrekt:

Das erzbischöfliche Ordinariat München leitete inzwischen rechtliche Schritte gegen den Privatsender ein. (…) Der Sender wurde Angaben des Münchner Ordinariats zufolge aufgefordert, die vorgesehene Ausstrahlung sowie «bereits massenhaft verbreitete Werbung» für die Serie zu unterlassen. MTV wurde für die Unterzeichnung einer entsprechenden Unterlassungsverpflichtungserklärung eine Frist bis Dienstag eingeräumt.

Von Gericht ist hier keine Rede, genauso wenig wie bei der Nachrichtenagentur dpa:

Das Erzbistum München und Freising leitete dagegen nach einer Mitteilung vom Freitag rechtliche Schritte gegen MTV ein. Der Sender solle bis zum 18. April eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgeben.

Spiegel Online gibt als Quelle unter dem Text ausdrücklich ddp und dpa an. Der erste Satz des Artikels lautet jedoch:

Die katholische Kirche geht gerichtlich gegen die Ausstrahlung der Serie “Popetown” vor.

Entweder Spiegel Online hat einen Informanten im Erzbistum München und Freising und weiß daher, dass nun auch schon ein Gericht eingeschaltet wurde. Oder die haben über einen juristischen Vorgang berichtet, ohne wirklich Ahnung vom rechtlichen Hintergrund zu haben.

Ein Gedanke zu „Eine Abmahnung ist keine Klage

  1. sebastian Beitragsautor

    Nachtrag: Im vorletzten Satz hatte ich zunächst “Gericht angeschaltet” statt “eingestaltet” geschrieben. Ist jetzt korrigiert, dank an WDR für den Hinweis!

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