Warum wir keine Zeile über Wilhelm verlieren

Die BILD hatte ihn als Aufmacher auf der Titelseite, die Süddeutsche plauderte ihn so vertraut aus, als liebkose man sich täglich damit, und auch der deutsche Bürge für Qualitätsjournalismus war sich seiner sicher. Doch der Wilhelm war erfunden. Der neue Wirtschaftsminister heißt nämlich gar nicht Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Wilhelm Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg. Er heißt Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg. Angeblich.

Viele Medien nehmen das zum Anlass, mal wieder über die Glaubwürdigkeit einer journalistischen Prima-Quelle zu sinnieren: Darf man Politikervornamen aus Wikipedia abschreiben? Kann überhaupt stimmen, was in so einem offenen Lexikon behauptet wird? Ist nicht alles Erfindung?

Ein Thema für die Watchblogger. Es geht ums digitale Vaterland, um Ehre, um Recht. Und wir stehen wie immer doof in der Ecke rum, popeln und spielen nicht mit. Warum?

Weil erstens so ein Freiherr von und zu Wilhelm heißen muss. Sollten seine Eltern da wirklich einen Fehler gemacht haben – bis zum urkundlichen Beweis wollen wir davon aber nicht ausgehen – dann ist es heute Bürgerpflicht, dem Mann aus seiner Pein zu helfen. An der aufgeregten Diskussion ist doch deutlich zu erkennen: Guttenberg war ohne Wilhelm irgendwie unbedeutend.
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Und zweitens machen wir da nicht mit, weil es nun wirklich absurd ist, anhand eines möglichen zehnten Vornamens die Qualität einer Enzyklopädie und die Qualität journalistischer Berichterstattung diskutieren zu wollen. Solang sich nicht jemand als Wilhelmianer ausgibt und schwerpunktmäßig über diesen Wilhelm fachsimpelt, ohne hinreichend Simpel zu sein.

Deshalb steht hier keine Zeile zu dieser Korinthe.

4 Gedanken zu „Warum wir keine Zeile über Wilhelm verlieren

  1. w.hoffmann

    Sebastian Fischer hat inzwischen in SPON angemerkt:

    Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels wurde Karl-Theodor zu Guttenberg fälschlicherweise der weitere Vorname Wilhelm zugewiesen. Dieser Fehler kam durch eine Manipulation der Internet-Enzyklopädie Wikipedia und mangelnde Nachrecherche von SPIEGEL ONLINE zustande; da Wikipedia Kooperationspartner von SPIEGEL WISSEN ist, könnten unsere Leser auch dort kurzzeitig auf den falschen Namen gestoßen sein. Aufgrund eines Fehlers der Nachrichtenagentur dpa wurde außerdem behauptet, das Familienunternehmen Guttenberg sei ein Fachgroßhandel für Trockenbau – tatsächlich handelt es sich um eine Vermögensverwaltungsgesellschaft. Die Fehler wurden inzwischen bereinigt. Wir bitten um Entschuldigung.

  2. JUICEDaniel

    Jetzt steht ja aber doch eine Zeile über dieses Thema hier. Eine Zeile, die weniger auf das Thema selbst als vielmehr auf die (fragenden?) User (hier) eingeht. 😉

    Zum Artikel: Der erste Grund finde ich keinen wirklichen Grund. (Weil er Wilhelm heißen muss? Was soll das denn?) Der zweite Grund ist schon eher nachvollziehbar…

    Ich jedenfalls finde die ganze Geschichte nach wie vor trotzdem erwähnenswert und keine Korinthe. Denn es geht doch vielmehr um das Prinzip dahinter als um “Wilhelm” selbst.

  3. T.

    JUICEDaniel hat diesen hervorragenden Artikel leider nicht verstanden.

    “Sollten seine Eltern da wirklich einen Fehler gemacht haben…” Sehr gut! 🙂

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