Kurz korrigiert: Volksentscheid

Leserbrief von Nico Nissen

Zum  Kommentar “Komm, wir schottern die Verfassung!” von Jan Fleischhauer im “Schwarzen Kanal”.

Darin behauptet Fleischhauer, die Grünen wollten die Verfassung ändern, damit in einem Volksentscheid das Ergebnis herauskommt, das sie sich im Bezug auf Stuttgart 21 wünschen, und macht ihnen den Vorwurf, sie würden den Begriff “Mehrheit” neu definieren. Der Kommentar ist voller Fehler:

  • Der Volksentscheid heißt in der Verfassung des Landes Baden-Württemberg “Volksabstimmung”. Die Begriffe sind synonym, aber Fleischhauers Fehler zeigt, dass er im Zuge seiner Recherchen wohl nie einen Blick in die Landesverfassung geworfen hat.
  • * Grüne und SPD haben gemeinsam und schon lange vor den Koalitionsverhandlungen eine Abschaffung des Quorums für einfache Gesetze vorgeschlagen. Es waren also nicht nur die Grünen, sondern auch die SPD, die Stuttgart 21 befürwortet. Drucksache 14/6866 vom 30. August 2010
  • Das Quorum soll nicht etwa auf 25 Prozent gesenkt werden, wie Fleischhauer behauptet, sondern ganz abgeschafft werden. Dies ist überhaupt eine Voraussetzung dafür, dass die Mehrheit entscheiden kann – also das genaue Gegenteil von dem, was Fleischhauer behauptet. Würde das Quorum bestehen bleiben, könnte nämlich die Minderheit gegen die Mehrheit gewinnen, was in Deutschland wegen der Quoren auch meistens der Fall ist. Denn Quoren kehren logisch betrachtet das Ergebnis einer Volksabstimmung um, indem sie Enthaltungen als Gegenstimmen werten.
  • Das Senken des Quorums auf 25 Prozent bezieht sich lediglich auf verfassungsändernde Volksabstimmungen. Dieses Quorum ist zwar ebenfalls undemokratisch, aber aus juristischen Gründen notwendig, weil deutsche Verfassungsrichter gegen alle Gesetze der Logik und Prinzipien der Demokratie der Ansicht sind, dass für verfassungsändernde Volksentscheide höhere Hürden gelten müssten als für einfache Gesetze.

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