Archiv der Kategorie: Medienwirtschaft

Medienpolitik der Länder ohne jede Idee

Der Seidl hätte es bringen können. Große Bühne – die größte in diesem Konferenzzentrum, und das mitten im gegnerischen Feld. Die Programmankündigung lässt großes ahnen: Seidl will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen. Der Feuilleton-Chef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung wird sich ganz weit aus dem Fenster hängen, und sein Kontrahent, Duzfreund Jakob Augstein, wird lachen und weinen und den Kopf schütteln über soviel kulturellen Unverstand. Das Publikum wird toben und zwischenrufen – viele NDR-Mitarbeiter sind darunter -, aber dieses öffentliche Streitgespräch wird eine Diskussion in Gang setzen, die endlich einmal wegkommt vom “Das ist halt so” und “Das hat das Bundesverfassungsgericht eben so vorgegeben”. Eine Diskussion wird beginnen, in der die Bürger vorkommen, in der sie sagen, was sie wollen und wie sie es wollen. Und dann könnte sich tatsächlich einmal etwas bewegen – in welche Richtung auch immer.

Doch der Seidl bringt es nicht. [weiter bei Tg]

Infoblocker Verlage

Liebe Verlage,

mit eurer ewigen Verschwiegenheit bei Rechtsstreitigkeiten nervt ihr ein wenig. “Dazu sagen wir grundsätzlich nichts”, “Dazu dürfen wir nichts sagen” – dieser Schmarrn wird über die Jahre wirklich ärgerlich. Wenn euch jemand, über den wir Journalisten geschrieben haben, mit einer Einstweiligen Verfügung an der weiteren Verbreitung des Beitrags hindert, dann ist das per se ein öffentliches Thema, weil ein Eingriff in die Kommunikationsfreiheit und ein Indiz für möglicherweise (!) fehlerhaften Journalismus. Und auch wenn die EV im zivilrechtlichen Verfahren ergeht, handelt es sich nicht um eine Geheimjustiz. Aber da wir Freien ja nicht ausgelastet sind, telefonieren wir natürlich die Gerichte ab, erst die üblichen verdächtigen, dann die räumlich passenden, oder wir klopfen mit mieser Tour so lange bei verschiedenen Mitarbeitern eurer Häuser an, bis jemand plappert, oder wir machen eben sonstwas Hoch- Investigatives, weil wir das ja schließlich den ganzen Tag machen. Aber es ist halt überflüssig wie ein Kropf Leistungsschutzrecht.

Bei keiner anderen Wirtschaftbranche wird mir regelmäßig so deutlich, dass es einen journalistischen Auskunftsanspruch nicht nur gegenüber Behörden braucht, sondern bei allen “juristischen Personen”. Verlage und Sender sind die “Informationsblocker” nicht des Jahres, sondern der Nation.

So, schon fertig mit Aufregen.

Entwurf für Leistungsschutzrecht liegt vor

Zum vieldiskutierten Leistungsschutzrecht für Presseverleger gibt es nun einen Gesetzentwurf. Die Fragen nach Sinn und Unsinn haben sich in den letzten zwei Jahren nicht verändert.

Die Verleger sind erstmal zufrieden. Anja Pasquay, Pressesprecherin beim BDZV, teilt auf Anfrage mit:

“BDZV und VDZ begrüßen die Vorlage des Bundesjustizministeriums zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Der Entwurf bringe den im digitalen Zeitalter notwendigen Schutz der gemeinsamen Leistung von Verlegern und Journalisten voran, auch wenn er nicht alle Erwartungen der Verleger erfülle.”

19. Juni: Aus der Fülle von Beiträgen zum LSR sei mal auf folgende verwiesen

* Christoph Keese macht konkrete Vorschläge für die Organisation eines Leistungsschutzrechts

* Kritik-Überblick bei irights.info

“Henri” und die Lächerlichkeit

“Wenn die Jury zurücktritt, mach sie sich lächerlich. Wer sich bei dieser Jury noch einmal bewirbt, macht sich lächerlich. Der einzig positive effekt ist, dass der Preis irrelevant wird. […5 Seiten später…] Wenn diese Henri-Nannen-Preis-Jury mit ihrem Chefredakteursproporz zerbräche, wäre es ein Dienst für den Journalismus.”

Claudius Seidl, unterhaltsamer Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS), im journalist-Interview (Heft 6/2011) über den Henri-Nannen-Preis nach René Pfister.

Digitale Leserkommunikation

(Aus dem Archiv, von August 2008) Das Internet hat inzwischen den meisten Redaktionen Angebote zur Nutzerbeteiligung abgenötigt. Gelingende Kommunikation ist damit allerdings noch nicht garantiert. Ob Diskussionsforen oder Leserbriefe, Bürgersendungen oder Leserbeiräte – wer als Journalist mit seinen Kunden kommuniziert, muss Kritik vertragen und bereit sein, darauf öffentlich zu reagieren.
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Journalistik der Uni Leipzig wird umgebaut

Die Abteilung für Journalistik an der Universität Leipzig, Institut für Kommunikation und Medienwissenschaft (KMW), soll umstrukturiert werden. Da wir derzeit keine redaktionellen Kapazitäten für das Thema haben, verweisen wir einstweilen auf die entsprechende Mitteilung von gestern: Information_Journalistik_Leipzig(pdf).

Im Instituts-Blog ist dazu derzeit noch nichts zu lesen.

Weitere Reaktionen:

Der DJV Sachsen “kritisiert Streichpläne

Nebenbei:

Die Leipziger Journalistik ist in jüngster Zeit ja auch mit anderen internen Querelen um Professor Machill medienwirksam geworden.

Update 18.01.11: Nun hat sich auch Michael Haller zu Wort gemeldet, der den Studiengang wesentlich geprägt und vor allem nach außen repräsentiert hat – und kein Freund der Verquickung von Journalismus und PR ist. Nachricht in der Bild.

Update 20.01.11: Ausführlicher Bericht auf Zeit-Online von Ralf Geissler, der selbst in Leipzig studiert und gelehrt hat. Der Journalismus siecht

Update 20.01.11: Vom Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft gibt es offenbar seit 6. Januar 2011 eine schriftliche Kritik an den Positionen der Leipziger Journalistik und der entsprechenden Berichterstattung, die damals noch nicht online war. Darin heißt es zunächst:

“Die Stellungnahme der Journalistik ist inhaltlich in weiten Teilen falsch, gibt Beschlussvorschläge und externe Gutachten falsch wider und enthält persönliche Diffamierungen der demokratisch gewählten Vertreter des Instituts und der Fakultät. Die offenkundig von Partikularinteressen geleitete, öffentliche Kampagne über eine noch laufende Meinungsbildung in den zuständigen Gremien der Universität ist vertrauensschädigend und beschädigt den Ruf und das Engagement der Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Studierenden des Instituts. Leider geschieht dies zum wiederholten Male durch einen einzigen Professor und seine Mitarbeiter, die nur einen kleinen Teil des Gesamtinstituts darstellen und nicht für die 1.300 Studierenden und mehr als 50 Mitarbeiter sprechen. Das Institut und die gewählten Vertreter der Professoren, Mitarbeiter, Studierenden und nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter distanzieren sich einstimmig von diesem Vorgehen.” (Weiterlesen: pdf)

FAQ zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger

Ein “Leistungsschutzrecht für Verlage” ist in den letzten Monaten zum spannenden, wenn auch langweilig klingenden Stichwort in der Mediendebatte geworden. Es geht dabei möglicherweise um viel Geld – aber auch um viel Verwaltung und letztlich eine Veränderung der Netzkultur.

Aktuelles Update: ausführlicher Artikel auf journalist.de

Was ist ein Leistungsschutzrecht?

Das Urheberrechtsgesetz setzt neben den Rechten der Urheber – also denen, die Texte schreiben, Fotos machen oder Filme drehen, – auch sehr umfangreich “verwandte Schutzrechte”. Damit sollen Leistungen derjenigen vor beliebiger kostenfreier Nutzung geschützt werden, die an der Vermittlung von Werken arbeiten. Diese “Werkmittler” bilden die Brücke zwischen Urheber – also dem Schöpfer eines Werkes – und dem Publikum. So hat ein Musiker zwar Anspruch auf eine Bezahlung, wenn seine Musik im Radio läuft, doch der “Werkmittler”, also die Plattenfirma als Lieferant, hat Anspruch auf Beteiligung. Denn ohne sie gelänge die Musik nicht bis zur Radiostation und könnte nicht für den Künstler Gewinn bringend gesendet werden.

Welche Leistung erbringt der Inhaber eines Leistungsschutzrechtes?

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DuMont für mehr investigative Recherche

Konstantin Neven DuMont fordert, den investigativen Journalismus zu stärken, gerade auch in den Kommunen. In der zum Verlag DuMont Schauberg gehörenden Frankfurter Rundschau schreibt er u.a.:

Dazu können investigativ arbeitende Medien einen entscheidenden Beitrag leisten. M. DuMont Schauberg entwickelt gerade Konzepte, den Anteil investigativer Reportagen in seinen Blättern zu erhöhen. Daneben gibt es Überlegungen, eine Vermarktungsplattform für Bezahlinhalte deutschsprachiger Verlage und Autoren zu gründen. Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, hochwertige journalistische Inhalte nicht länger im Internet zu verschenken.