Archiv der Kategorie: Spiegel Online

SpOn Nostalgie-Journalismus

Das waren natürlich noch schöne Zeiten, als man im Lokalteil der Tageszeitung einfach nacherzählen konnte, was man in seinem heimischen Lexikon gefunden hat. Oder was in einer Pressemitteilung stand, die ja sonst niemand kannte – niemand von den zahlenden Zeitungslesern jedenfalls.
Diese Zeiten sind aber vorbei. Heute ist es nicht mehr nötig, dass eine Tageszeitung – nennen wir sie Spiegel-Online – nacherzählt, was in einem anderen Blatt steht, das sicher niemand selbst im Briefkansten hat, – nennen wir es Sueddeutsche.de. Heute kann man darauf einfach verlinken und damit den eigenen Leser zum Fremdleser machen. Klingt ein bisschen doof und unsexy, ist aber doch eines der Prinzipien in diesem Internet.

el-Masri & der Spiegel / Machill & die Studenten

Zwei Lesehinweise:

Über spiegel.de: Prof. Dr. Henning Ernst Müller kritisiert den Spiegel-Online Bericht “CIA-Entführung von Khaled el-Masri: Deutschland beugte sich Druck aus Washington”:

Die Spiegel-Journalisten, in dem Bestreben, einen bisher unbekannten “Skandal” aufzudecken, schreiben nur haarscharf an einer glatten Lüge vorbei, indem sie entscheidende Informationen verschweigen. Andere Zeitungen drucken das nach (hier). Eine Peinlichkeit.

Auf spiegel.de: “Leipziger Journalistik-Fehde: Immer mitten in die Presse” – die Diskussion um Journalistik-Professor Marcel Machill.

Pferdekrise? Was für eine Pferdekrise?

Kobuk – “ein Medienwatchblog von Studierenden der Lehrveranstaltung ‘Multimedia-Journalismus’ am Publizistikinstitut der Uni Wien” – geht der Geschichte von angeblich 20.000 herrenlos in Irland herumirrender, vom Hungertod bedrohter Pferde nach: “Das krisengeschüttelte Irland und Haustiere, dieser verlockenden Kombination konnten offenbar auch Qualitätsjournalisten nicht widerstehen, trotz mangelhafter Quellenlage.” –>Lesen.

Spiegel zerstört Existenzen

Wenn der Spiegel mit seinen Prophezeiungen zu Al Gore und Kachelmann ähnlich erfolgreich ist wie mit seinem sturmgeschützigen “Aufhören!”- und “Der bessere Präsident”-Titeln soll’s gut sein.
Ansonsten ist die permanente Beschwörung, die eigene Verdachtsberichterstattung zerstöre Menschenleben, reichlich perfide. Zum Fall Kachelmann hieß es im Print-Spiegel:

“Ohne einen Freispruch erster Klasse, wegen erwiesener Unschuld, wird er wohl nie wieder auftreten können. […] Es geht also um Existenzen.”

Heute wissen die Online-Kollegen über Al Gore:

“Der Nobelpreisträger dementiert heftig – sein Ruf dürfte trotzdem ruiniert sein.”

Mit dieser Zwangsläufigkeit argumentieren schon sehr erfolgreich die Zensuranwälte und verhindern Verdachts- und Ermittlungsberichterstattung. Dabei haben es die Medien sehr wohl in der Hand dafür zu sorgen, dass nicht immer und automatisch “etwas hängen bleibt”. Dass dieser Eindruck häufig besteht, liegt schlicht an der Tatsache, dass Fälle eben oft nicht vollständig geklärt werden können. Dann ist es manchmal SChicksal, manchmal auch nur recht und billig, wenn man sich an diese ungeklärten Geschichten auch später noch erinnert. Gegen wen aber Vorwürfe zu unrecht erhoben wurden, der muss zumindest von den Medien natürlich vollständig rehabilitiert werden. Und genau das haben sie in der Hand.

Korinthe (75): Braun’s Wahlkreis

wahlkreis-waiblingen

Im Artikel “Wie Rechtsextreme ihre Gegner drangsalieren” schreibt Christoph Ruf auf Spiegel-Online über den SPD-Landtagsabgeordneten Stephan Braun:

“Nun saßen dem baden-württembergischen SPD-Landtagsabgeordneten genau diese Rechtsextremen gegenüber – mitten im Herzen seines Wahlkreises: Insgesamt 60 Zuhörer waren zu seinem Vortrag über die rechtslastige “Junge Freiheit” in Waiblingen gekommen, davon 40 Sympathisanten der rechtsextremen Szene […]”

Allerdings vertritt Stephan Braun nicht den Wahlkreis Waiblingen, sondern Böblingen.

(Mit Dank für den Hinweis an Denis Engelhardt)

Augsburg zieht Abmahnkosten zurück

Man muss auch als große Nachrichten- Redaktion nicht alle Infokanäle im Blick haben und alle naselang irgendwelche Updates nachschieben. Aber während einem bei der gedruckten Tageszeitung klar ist, dass man vom gestrigen Stand der Dinge liest, ist das bei Online-Artikeln nicht immer gegeben. Gerade bei aktuellen Ereignissen wäre die Angabe der Uhrzeit des letzten Redaktionsstandes (und nicht der Publikation) sehr hilfreich, wie das ja auch bei vielen Online-medien üblich ist, nur bei SpOn weiterhin nicht.

Die gestrige Meldung der Spiegel Netzwelt über einen abgemahnten Blogversuch in Augsburg war jedenfalls laut Augusburger Allgemeine schon gestern nicht mehr aktuell.  Nachlegen könnte Spiegel-Online aber dennoch, denn möglicherweise sind noch Fragen offen.

Lesebeute: Spiegel-Kritik von links

* Im August hatte Bild.de mehr Visits als Spiegel-Online, das bisher führende Nachrichtenmagazin im Web (dwdl).

* Scharfe Kritik von links gibt es an dem Spiegel-Artikel “Die Feuer der Hölle” (35/2009, S. 118-122), der für den Kulturteil beworben wurde mit “Mythen: Der Heldenkult um den schwarzen Todeskandidaten Mumia Abu-Jamal” .

* Bei Spiegel-Online war am Wahltag 30. August die Linke kurzzeitig wieder zur PDS mutiert.

* Bild und Spiegel sind sich mal wieder einig – und machen gemeinsam mit bei der etwas undurchsichtigen Kampagne “Zeit der Entscheidung”, einer Wahl-Werbe-Soap. Bei Bild – bei Spiegel-Online.

* Die Spiegel Mitarbeiter KG hat eine neue Satzung.

* Der Spiegel als Förderer einer Islamophobie? Die NRhZ über das neue Buch von  Kay Sokolowsky: “Feindbild Moslem”

* Spiegelfechter Jens Berger stellt – auf seine Weise – vier prominente Spiegel-Mitarbeiter vor:
“Wenn man den Niedergang des SPIEGELs an Personen festmachen will, so fallen immer wieder die Namen Claus Christian Malzahn, Henryk M. Broder, Gabor Steingart und Reinhard Mohr.” Titel der Betrachtung: “Die vier Konvertiten”.

Und noch folgende Hinweise:

* Am 2. Oktober gibt es in Berlin eine interessante Tagung zum Google-Book-Settlement. (via iRights.info/Arbeit 2.0)

* Eine Übersicht der bisher veröffentlichten Stellungnahmen zu einem möglichen “dritten Korb”, also weiteren Änderungen des Urheberrechtsgesetzes insbesondere im Hinblick auf digitale Nutzung und Bearbeitung, gibt es bei www.iuwis.de

Werbung suboptimal gekennzeichnet

Noch vor wenigen Tagen beklagte das Bildblog ungekennzeichnete Werbung bei Spiegel-Online, nun gibt es bei solchen Pseudo-“Menüpunkten” einen Mouse-over-Hinweis “Anzeige”. “Druckbesser.de” findets prima.

Aber so ganz der Weisheit letzter Schluss ist die derzeitige Kennzeichnung noch nicht. Vieles spricht weiterhin dafür, dass die Werbekunden gerne den Eindruck vermitteln wollen, man befinde sich weiterhin im redaktionellen Angebot.

Beispiel Anzeige “Wissenschaftszug” von Siemens, der in den Wissenschafts-Rubriken bei Spiegel-Onlien beworben wird.

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Zwar steht oben – mit viel weißem Abstand, als fehle hier einfach ein Werbebanner –  “Anzeige”;  aber dass sich dieser Hinweis auf die ganze Webseite beziehen soll, die auch eine normale Spiegel-URL trägt, muss nicht jedem gleich klar sein. Immerhin ist die Anzeige wie ein Artikel aufgemacht, es gibt ein integriertes Youtube-Video und einen rechten Seitenrand mit weiteren Informationen, – mit Bezug auf  den Spiegel (“Themenspezial im Spiegel”). Klickt man etwa das offerierte Interview an, landet man mitten im Text, so dass der oben auf der Seite angebrachte Hinweis “Anzeige” gar nicht erst zu sehen ist.

Gutenberg-Bibliothek bei SpOn offline

Im Zuge des Relaunches ist die Bibliothek des Gutenberg-Projektes derzeit bei Spiegel-Online nicht zu erreichen.

chefredakteur Rüdiger Ditz versichert aber, dass an der Beseitigung des Fehlers intensiv gearbeitet werde. Man sollte also darauf verzichten, voreilig Wikipedia-Links zu überarbeiten.

Update 16:53: Gutenberg scheint wieder vollständig da zu sein.