Anreißer

Um Klicks zu produzieren, wendet Spiegel Online mehrere Methoden an. Eine davon ist, die Überschriften und Vorspänne zu übergeigen. Da hört sich alles noch nach einer großen Geschichte an und im Text selbst stehen dann die Relativierungen. Das ist im Prinzip zulässig, aber nicht, wenn es soweit geht, dass die Überschrift nicht mehr stimmt.

Eine weitere Methode besteht darin, im Vorspann auf der Startseite bewusst nur Anspielungen zu geben. Also solche „Cliffhanger“ ähnlich wie am Ende jeder Folge von Daily Soaps wie „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“. Natürlich können nicht alle Informationen in den Vorspann, daher soll hier an ein paar Beispielen deutlich gemacht werden, was gemeint ist.

Uni-Ranking: Studenten loben den Osten

Wer Medizin oder Naturwissenschaften studieren will, findet an ostdeutschen Hochschulen gute Bedingungen, wie ein neues Ranking ergab. Erstmals in der Wertung waren Unis der deutschsprachigen Nachbarn – und eine Schweizer Hochschule überstrahlt die gesamte Konkurrenz.

Warum wird der Name nicht genannt? Erst nach einem Klick auf den Text erfährt man, dass es die Züricher Hochschule ist. Der Vorspann „und die Hochschule Zürich überstrahlt die gesamte Konkurrenz“ wäre keinen Deut länger gewesen – aber viel konkreter.

Ganz besonders deutlich wird dieses Prinzip bei Artikeln über Fußball-Spiele. Der Vorspann sagt immer nur, wer gewonnen hat, aber nicht das Ergebnis. Zum Beispiel:

2. Fußball-Bundesliga: Fürth rückt an Cottbus heran

Energie Cottbus muss um den Aufstieg in die Erste Bundesliga bangen. Im Ostderby gegen Dresden kam der Club nicht über ein Remis hinaus.

„Über ein 0:0 hinaus“ wäre nicht länger gewesen. Aber das Ergebnis erfährt nur, wer auf den Text klickt. Oder:

Zwölf des Tages: Hier trifft der Chef

Johan Micoud brachte Bremen mit zwei Treffern in Duisburg auf die Siegerstraße. Doch der Franzose war nicht der einzige, der an diesem Spieltag doppelt traf. Grund zur Freude hatte auch ein alter Trainer-Hase, der mit einem sicheren Absteiger die Klasse hielt.

„Trainer Hans Meyer“ wäre nicht länger gewesen als „ein alter Trainer-Hase“. Und so weiter. Und alles, um noch ein paar Klicks mitzunehmen von Leuten, die den Artikel nicht gelesen hätten, wenn die Basisinformationen bereits im Vorspann gestanden hätten. Natürlich ist es legitim, Klicks zu provozieren – langfristig wird es jedoch Leser verärgern, die diese Masche durchschauen.

4 Gedanken zu „Anreißer

  1. marco

    Faktisch falsche Überschriften sind natürlich ein Unding – dem Spiegel aber einen Strick daraus drehen zu wollen, dass er Teaser dazu nutzt, wofür sie da sind (nämlich um den User zum Klicken zu reizen), halte ich für überzogen.

  2. Pingback: SpiegelKritik » Blog Archive » Cliffhanger

  3. wolfgang

    mein gott, ist das kleinkram, der hier abgehandelt wird. langweilig und überflüssig. das nennt ihr wahrscheinlich „medienkritik“.

  4. Margot

    … glaubt ihr im Ernst, das ist bei focus.de anders? Der Angriff gegen SPON wäre doch nur schlagkräftig, wenn ihr dort individuelle gemachte FEHLER nachweisen könntet, aber um einen Fehler geht’s hier ja noch nicht einmal.

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