Bio-Bauern in Gefahr

Es ist eine typische Spiegel-Geschichte, die die Politik-Redakteurin Annette Bruhns auf Seite 38 und 39 der aktuellen Ausgabe erzählt. „‚An die Wand gefahren'“ ist die Überschrift und die Unterzeile gibt vor, wohin die Richtung geht: „Während die Nachfrage nach Bioprodukten boomt, stagniert der Anbau auf deutschen Äckern. Schuld ist eine Subventionspolitik, die den Großen gibt und den Öko-Bauern nimmt.“

Der Text beginnt Spiegel-typisch mit einem Beispiel, in diesem Fall mit der Hamburger Versicherungskauffrau Sirke Herfurth, die Bio einkauft, denn „die Qualität ist einfach besser“. Dann kommt im zweiten Absatz die „Aufblase“, die deutlich macht, dass dies kein Einzelfall ist: „Herfurth liegt im Trend. Rund drei Viertel aller Bundesbürger greift bei Bio zu (…)“. Und jetzt folgen viele einzelne Belege dafür, dass die These der Autorin stimmt: Die Subventionspolitik unterstützt nicht die unterstützenswerten Biobauern, sondern die bösen Großbauern. Der Biobauer und EU-Abgeordneter der Grünen, Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, darf sich zum Beispiel beklagen, dass es unter der großen Koalition viel schlechter läuft als zuvor, als seine Parteikollegin Renate Künast noch Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft war: „In Deutschland hat die landwirtschaftliche Restauration eingesetzt“, wird Graefe zu Baringdorf im Spiegel zitiert, „Angela Merkel hat uns im Dezember bei den Brüsseler Haushaltsverhandlungen verraten, und die deutschen Agrarminister ziehen nach.“

Wie schlecht es um den Öko-Landbau in Deutschland bestellt ist, belegt auch diese Grafik:

schlusslicht.jpg

Grafik: Der Spiegel

Als Quelle der Zahlen ist der Bericht Organic Farming Worldwide 2006 (PDF) angegeben. Insgesamt sind 104 Staaten miteinander verglichen, Deutschland liegt auf Platz 13. Um zur gewünschten Aussage zu kommen, hat der Spiegel einfach Deutschland nur mit Staaten verglichen, die vor Deutschland liegen. Wenn der Spiegel in Zukunft einmal eine Geschichte mit gegenteiliger Aussage schreiben möchte, könnte eine auf den Zahlen des gleichen Berichts basierende Grafik so aussehen:

spitzenreiter.JPG

Grafik: spiegelkritik.de

Dies zeigt die Arbeitsweise der Autorin: Zwar stimmen die verwendeten Fakten für sich genommen, doch sind sie so selektiv ausgewählt, dass sie ein falsches Bild ergeben. Eine korrekte Darstellung der Fakten würde zu dem Ergebniss kommen, dass Deutschland im internationalen Vergleich sehr gut da steht und im Vergleich der EU-Länder im Mittelfeld liegt. Von „Schlusslicht“ kann keine Rede sein.

Die Realität ist häufig ziemlich grau und nur selten schwarz-weiß. Bei Spiegel-Artikeln ist es genau umgekehrt. Fakten, die nicht zur gewünschten Aussage des Artikels passen, werden ausgeblendet oder so lange zurechtgebogen, bis sie passen. Ein mit solchen Methoden entstandener Text ist dann eine schön zu lesende Geschichte mit Versatzstücken aus der Realität – jedoch ungeeignet, die Wirklichkeit zu beschreiben. Wie gesagt: Eine typische Spiegel-Geschichte.

4 Gedanken zu „Bio-Bauern in Gefahr

  1. marco

    Fakten, die nicht zur gewünschten Aussage des Artikels passen, werden ausgeblendet oder so lange zurechtgebogen, bis sie passen.

    Ganz schön pauschale Unterstellung…

  2. Sebastian

    Es ging doch in der Geschichte nur darum, dass die Nachfrage nach Bio-Produkten steigt und dass das in krassem Missverhältnis zu den Kürzungen bei der Umstellungsförderung für Biobauern steht. Dabei ist es vollkommen egal, wo Deutschland da im europäischen Vergleich steht. Denn dass Deutschland hier nur Mittelmaß ist, ist ja schon lange keine Geheimnis mehr.

  3. sebastian Beitragsautor

    Hallo Sebastian,

    wenn die Aussage der Grafik Deiner Meinung nach keinen direkten Bezug zum Inhalt des Artikels hat, warum hat der Spiegel dann die Grafik Deiner Meinung nach zusammen mit dem Artikel abgedruckt? Und bist Du – unabhängig von der ersten Frage – mit mir der Meinung, dass nicht nur die für den Inhalt eines Artikels wichtigen Grafiken korrekt sein sollten, sondern auch die unwichtigen?

    Schöne Grüße
    Sebastian

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