“Kleine, kindliche Geschichten”

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung schreibt Claudius Seidl eine Polemik gegen Bastian Sick und dessen Sprachkolumnen (“kleine, kindliche Geschichten”) auf Spiegel Online:

er schreibt einfach so viele Kolumnen, daß man, wenn man sein Gesamtwerk durcharbeitet, zu fast jeder seiner Aussagen auch deren Gegenteil findet. […] „Die ablehnende Haltung der Bevölkerung ist auch auf das Totalversagen der Politik zurückzuführen.“ So ein Satz, gerichtet gegen die sogenannte neue Rechtschreibung, ist alles mögliche – aber bestimmt kein gutes Deutsch; und er wird nicht besser davon, daß sein Autor, ein paar Kapitel später, den Nominalstil der Politiker und Bürokraten aufs schärfste mißbilligt.

Seidl vergleicht Sick mit Wolf Schneider, dem “großen Sprachkritiker der vergangenen Jahrzehnte – ein Mann, dessen Stil immer so sicher, so präzise und anschaulich war, daß man schon aus Schneiders Sätzen die Regeln für ein gutes Deutsch hätte ableiten können”. Bei Sick dagegen sei “eine Leidenschaft für Rhythmus und Klang der Sprache, eine Begeisterung für gelungene Sätze nirgendwo zu finden”.

Sicks Publikum scheint weniger aus jenen Leuten zu bestehen, die vor ihren Reisen die „Visas“ beantragen und „leckere Pizza’s“ auf die Tafeln ihrer Imbißbuden schreiben. Vielmehr scheinen es die zu sein, denen der Unterschied zwischen dem Dativ und dem Genitiv bekannt ist, normal gebildete Mittelschichtsbewohner, denen Sicks dumme Späße die angenehme Gewißheit verschaffen, daß es zu denen da unten noch ein ganzes Stück Wegs weit ist.

2 Gedanken zu „“Kleine, kindliche Geschichten”

  1. siegstyle

    das ist jetzt seidls meinung. oder eure? aber insbesondere der zuletzt zitierte absatz von seidl sagt doch nur wie humor und lacher funktionieren: auf jeweils kosten anderer. ob die nun ostfriesen, blondinen oder polen (oder ganz aktuell kasachen) heißen.

    humor ist auch immer ein stück abgrenzung. darum hat harald schmidt erfolg (stichwort: unterschichtenfernsehen oder polenwitze) oder stefan raab. das ist ein banales allgemeingültiges humorprinzip. wenn man das über sick schreibt, kann man das über jeden schreiben.

    banal.

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