Journalisten machen Druck

Politik ist, was Journalisten daraus machen. Auf dieses Kopfschütteln lassen sich bekanntlich viele Beiträge eindampfen. Aktuelles Beispiel bei SpOn: die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.
Unsere liebste aller Nachrichtensites titelt:

“Merkel verstärkt Druck auf die Türkei”

Für die Parallel-Welt des Faktischen entnehmen wir dem umständlichen Text dazu als Kernbaustein, die deutsche Bundeskanzlerin habe “am Rande des Nato-Gipfels in Riga” für ihre persönliche Position zu den Beitrittsverhandlungen (die im Detail außerhalb politischer Diplomatie niemand nachvollziehen können muss) geworben – also vermutlich Graffitis auf die Damentoilette gesprüht oder Journalisten bei einem Hintergrundgespräch eingescharmt.

Um was könnte es bei der “Türkei-Frage” wirklich gehen? Vielleicht – ganz alter Klassiker – um “das Zusammenleben von Völkern”, also möglichst wenig Krieg und Krach vor der Haustür oder gar in Flur und Wohnzimmer. Dieses friedliche Zusammenleben könnte davon abhängen, was man gemeinsam will, welche Macken des anderen man zu toleriere bereit ist, kurz und wörtlich: was der Frieden kostet.
Oder es geht in Wahrheit – ebenfalls ein absoluter Klassiker – um Bereicherungsstrategien für die oberen Zehntausend. Wie macht man am besten Geschäfte mit der Türkei – als Industriebonze in Euro oder als Politikerin in Machtkopeken gerechnet? Wieviel Tonnen Euro kann man in der Türkei abbauen, wenn man ihr erfolgreich eine Subventions-Lira vor die Schnauzbartnase hält? Wieviel Huldigung und Respekt sind zu erwerben, wenn man die Türkei unterwirft oder sie als potemkinschen Angstgegner aufbaut?

Was immer in dieser Angelegenheit gerade passiert oder ruht – “Merkel verstärkt Druck auf die Türkei” -im vielformatigen Blätterwald, Digitales eingeschlossen. Bei so viel gedrucktem Druck wird “die Türkei” natürlich reagieren müssen.