Seine Absage nun hat Kleber nett formuliert: „Das Fernsehen ist mein Medium. Es ist also keine Entscheidung gegen das wichtigste Print-Magazin, sondern für das beste TV-Magazin.“ (via taz)
Weniger belustigend als gemeinwohlgefährdend findet Robert Birnbaum die Führungslosigkeit beim Spiegel.Der ehemalige Sat1-Geschäftsführer Roger Schawinski hat das grundsätzlich Normale an der Aust-Absetzung analysiert:„Trotzdem bleibt der „Spiegel“ wichtig – fast möchte man pathetisch sagen: für das Gemeinwesen. Das Sturmgeschütz beherrscht das Schlachtfeld nicht mehr allein. Aber an die Durchschlagskraft der alten Kanone reicht immer noch kaum einer heran. Und auf dem Schleichweg Internet ist der Online-Ableger längst neues Leitmedium der Branche mit großem Einfluss auf die Prioritäten der Berichterstattung aller anderen Medien. Wer dieses Geschütz lenkt und leitet, ist eine Sache von Gewicht für die Öffentlichkeit der Republik.“
„Nein, diese Rausschmisse finden niemals mit Würde statt. Das liegt in der Tücke des Vorgangs. In der real existierenden Welt der Medien spielt sich immer dasselbe ab: Zuerst verbreiten sich Gerüchte und Indiskretionen über eine mögliche personelle Veränderung, die allesamt dementiert werden. Und dann fällt irgendwann das Hackebeil. Selbst die Giganten der Branche werden auf diese Weise gefällt, denn ein Abschied in zivilisierter Form ist systemwidrig.“
„Als Matussek im Spätsommer 2005 anfing, musste er erst mal die Wände streichen und Glühbirnen einschrauben. Es sah finster aus in diesem Ressort. Die Batterien waren leer, die Mitarbeiter hingen schlapp und käsig in ihren Parzellen. Unter Matussek herrschte von Anfang an eine ungeheure Freiheit des Denkens, ein Heinrich-Heine-Esprit, eine Mischung aus Angriffslust, Humor, Neugierde. Er begann sehr poetisch mit einer Titelgeschichte über Mozart, die er selbst schrieb. Zahllose brillante Titel folgten, über Humboldt, die Romantik, bis hin zu Romy Schneider, Langtexte über Kierkegaard, Harry Potter als versteckte Ideologie, Kampfschriften Brecht versus Benn.“
In seinem Jobnachruf auf Matthias Matussek lobt dessen ehemaliger Mitarbeiter Joachim Lottmann die außergewöhnlich gute Blattmacherqualität des Ex-Kulturchefs (der im Print-Spiegel bereits seit einer Woche zum Autor degradiert ist, im Spiegel-Online-Video-Blog aber noch „SPIEGEL-Redakteur, Ressortleiter Kultur“ sein darf).
Dass mit dem aktuellen Spiegel-Titel („Die gekaufte Revolution – Wie Kaiser Wilhelm II. Lenins Oktoberrevolution finanzierte“) nicht alle Gemüter gestreichelt werden, ist naheliegend, beispielhaft der Ekel der Sozialisten:Des Spiegels Schweigen über seine Führungs-Turbulenzen hat natürlich nicht nur uns gewundert. Katharina Skibowski, Chefredakteurin von Insight, schreibt im Dezember-Editorial:„Der zentrale Vorwurf des Spiegels lautet, die deutsche Regierung habe „die Bolschewiki und andere Revolutionäre in Russland mit Mark, Munition und Waffen“ unterstützt und dafür bis Ende 1917 mindestens 26 Millionen Mark (nach heutigem Wert 75 Millionen Euro) ausgegeben. Der Zusatz „und andere Revolutionäre“ ist bezeichnend. Der Spiegel erbringt nämlich keinen Nachweis, dass die Bolschewiki tatsächlich deutsches Geld entgegengenommen haben. Stattdessen bedient er sich der Technik des Amalgams. Verschiedene Episoden, Ereignisse und zweifelhafte Aussagen, die in keinem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang stehen, werden kausal verknüpft und zu einer Indizienkette gefügt, die keiner genaueren Überprüfung standhält.“
„Der Leser hat das Recht, so schnell wie möglich und zetigleich mit anderen Medien über wichtige Änderungen seines, ja, vielleicht sogar Leitmediums informiert zu werden. Diese Art des beredten Schweigens missachtet den Leser.“
Dass ein anderes Verlagshaus nun Spiegel-Online zur „Redaktion des Jahres“ gekürt hat, stieß allerdings nicht auf Zurückhaltung – selbst im aktuellen Spiegel-Editorial suhlt sich das derzeit nach Zuspruch besonders heischende Haus darin.
Viel Kritik am SpOn-Artikel „Apple verliert den Kultstatus“ übt fscklog.
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