Ein Leserbrief von Logodrom
Die moralische und politische Orientierungslosigkeit, die im Spiegel-Verlag inzwischen durch die Aust/Steingart-Zeit vorherscht und allgemein verkauft wird, kann man meines Erachtens sehr gut an der aktuellen Ausgabe des Uni-Spiegel sehen.
Meines Erachtens ist der Uni-Spiegel ohnehin ein grottenschlechtes Journalistisches Produkt, das nur existiert, weil bestimmte Werbekunden diese Zielgruppe nachfragen.
In dem Heft sind drei Beiträge hintereinandergeschaltet die in ihrer Kombination schon sehr befremdlich wirken und wenn der Spiegel-Verlag sich noch in irgendeiner Form als „im Zweifel links“ darstellen wollte ist das hier so eine Art Gegenbeweis:
1.
Das Titelthema des Uni-Spiegels lautet: „Der Muff von 40 Jahren – was von der Studentenrevolte übrig blieb“.
Eine Überschrift, die ja schon mal eine gewisse Tendenz der Redaktion vorgibt.
Beispiel letzter Satz des Artikels:
„Seine ganz persönliche Synthese aus 68 formulierte ein StudiVZ-Diskutant so: „Wir tanzen nicht nackt durch den Regen, mögen weder Gewalt noch Kriege, hören gute Musik, lesen vielleicht sogar mal ein Buch, tolerieren nicht alles, duschen regelmäßig und gehen zum Frisör, haben ein gesundes Verhältnis zu unserer Sexualität und unseren Gefühlen, halten den Sozialstaat für richtig, obwohl wir persönlich nicht unbedinggt auf ihne angewiesen sind.“
Soweit, so gut.
2.
Dann auf Seite 18 der Artikel über die Aktivitäten der Partei „Die Linke“ an den Universitäten von einer Xenia von Polier.
Man kann ja politisch für oder gegen die Linke sein, aber egal wie, man könnte ja wenigstens mal den Versuch unternehmen über die Hochschulgruppen der „Linken“ zu berichten. Stattdessen werden in dem Artikel die Wörter „Traumwelt“, „Bedienung studentischer Klischess“, „verfassungsfeindlich“, etc aneinandergereiht. Der Artikel wirkt, als sei er der Vereinszeitschrift der Jungen Union entsprungen. Der letzte Satz des Artikels lautet:
„Tom Münster, 26-jähriger Sprecher der grünen Hochschulorganisation Campusgrün, baut auf die Einsicht seiner Kommilitonen: „Das ist eine Luftblase, die bald platzt. Auch die Linke.SDS wird irgendwann von der Realität eingeholt werden.“
3.
Dann, gleich danach, dann aber doch noch ein Artikel über Lifestylethemen:
Ein Artikel über eine Studentin die bei einem Escort-Service arbeitet, also über Studentinnen, die sich prostituieren.
Die Protagonistin „Fee“ berichtet darin wie aufregend die Tätigkeit ist, über die Beziehungsprobleme, die sich ergeben können, daß ihr die Tätigkeit den Kick gibt, und so weiter.
Kein einziger Satz über die ökonomischen Hintergründe von Studentinnen in Escort Services und darüber, daß die Studentin die Tätigkeit eventuell auch deshalb ausüben könnte, daß sie ihre Studiengebühren zahlen kann. Nein, das ganze wird echt so beschrieben als hätte sie Spaß an ihrem ungewöhnlichen Job.
Fazit: Vielleicht muß man das Originalheft sehen um diese Artikel schlimm zu finden. Aber meines Erachtens ist das echter Schrott und mir wäre es ausgesprochen unangenehm sowas zu veröffentlichen.
Was hat dieser Artikel mit objektiver Kritik zu tun? Hier geht es doch nur darum, dass der Spiegel politisch diffus bzw. rechts wird. Das ist vielleicht nicht erfreulich, aber auch nichts, wofür man den Spiegelkritisieren bräuchte. Oder soll ich mich ab jetzt auch über jede einzelne Ausgabe des Focus ärgern?
Der einzige interessante Punkt ist die Darstellung der Studentin, die für einen Escort-Service arbeitet. Da wäre eine eingehendere Analyse wünschenswert, aber mit der sofortigen Unterstellung, dass die Studentin dies nur macht, weil sie Studiengebühren zahlen muss, ist mir das zu platt. Wir wissen nicht, aus welchem Grund „Fee“ für den Service arbeitet und solange sollten wir nicht unterstellen, dass der Spiegel zensiert; aber man sollte unbedingt die Frage stellen, warum der Spiegel nicht ein wenig genauer nachfragt, warum sie denn dort arbeitet.
Wozu immer dieser Ruf nach objektiver Kritik? Mal ehrlich, der Autor des Artikels zum Uni-Spiegel hat sich in seinem vorletzten Satz doch gleichsam für alles, was er vorgebracht hat, entschuldigt: „Vielleicht muß man das Originalheft sehen um diese Artikel schlimm zu finden.“
Warum dann nochmal nachtreten…hm? MuGo?
Warum der Unispiegel-Artikel über den Studierendenverband DIE LINKE.SDS nichts mit seriösem Journalismus zu tun hat, habe ich in mein Weblog geschrieben: http://frederic.twoday.net/stories/4762279/
Oh, ich stelle – Wochen später – überrascht fest, daß mein Brief an die Redaktion von Spiegelkritik.de doch veröffentlicht wurde. Den Text habe ich eigentlich viel zu sehr aus einer Emotion heraus geschrieben als daß man ihn veröffentlichen dürfte. Aber egal. 🙂
In der Sache bleibe ich dabei: Das Heft liegt immer noch in der Uni aus, jeder kann es sich anschauen. Nachzutragen bleibt aber noch, daß die Ausgabe des Uni-Spiegel zwar schlecht ist, daß das aber auch eigentlich keinen interessiert, da das Heft höchstens dazu tauglich ist die Pause zwischen zwei Vorlesungen zu überbrücken. Und selbst dann liest man ja eigentlich lieber die unterhaltsameren Konkurrenzblätter (Unicum, Audimax). 🙂
Naja es bleibt doch jedem Frei ob er sich nun das Heft antun möchte oder nicht. Jedes Blatt hat seinen eigenen Stil und eine gewisse Richtung in die es geht. Man kann es nicht jedem Recht machen, das sollte doch mittlerweilie jedem Klar sein. Aber est stimmt schon, man sollte Berichte objektiver gestalten. Wie soll man das aber tun wenn man mit Gesinnungen anderer nicht klar kommt ? =)