Das “Bonmot” haben wir schon in allerlei Variationen gelesen, diese hier weckt wenig Vertrauen in die Kulturkritikfähigkeit der Autorin.
“Er war Jurist und auch sonst ein durchschnittlicher Mensch”
zitiert Christine Wahl Kurt Tucholsky in ihrer Rezension einer neuen Bühnenfassung Anton Tschechows Drama “Drei Schwestern”.
Das echte Bonmot geht so: Er “war ein guter Jurist und auch sonst von mäßigem Verstande”.
Merkste was? Braucht man nicht erklären, dazwischen liegen Welten.
Und so gut dies auch zu Tucholsky passt – wie zu Polgar und Geistesverwandten – Urheber ist Ludwig Thoma, wie die Kollegen vom Sudelblog schon vor längerem belehren mussten, der seine Satire “Der Vertrag” mit den Worten beginnt:
Der königliche Landgerichtsrat Alois Eschenberger war ein guter Jurist und auch sonst von mäßigem Verstande.
Auch wenn hier Spiegel-Online also groben Unfug getrieben hat, wollen wir doch nicht gleich nach seiner Absetzung rufen, sondern uns mit einer Korinthe begnügen. Schließlich schießt den Pflüger ja auch niemand auf den Mond.
Ja, die gute Frau Wahl – Sorgfalt in den Details ist ihre Stärke nicht. Das hatte ich auch auf meiner Seite schon mal thematisiert: http://wortvogel.de/?p=763