Nun haben wir also nicht nur eine neue Debatte über Sicherheit durch noch mehr Überwachung (obwohl die in diesem Fall wohl auch nichts gebracht hätte) und eine neue Debatte über Jugendgewalt (der es an Fakten fehlt und die wesentlich von Medienverzerrungen bestimmt wird, und die sich auch dieses Mal wenig um Ursachen kümmern wird), nun haben wir auch noch eine Debatte über die Gefährlichkeit von „Zivilcourage“, vorbildlich in solch eine Überschrift gefasst:
Zwar mag das couragierte Verhalten eines 50-jährigen Fahrgastes in der Münchner S-Bahn, der nach derzeitiger offizieller Darstellung jüngere Jugendliche vor älteren Jugendlichen schützen wollte, seiner Tötung durch die älteren vorangegangen sein – bisher wissen wir als Medienpublikum sehr wenig über das Geschehen -, doch damit wird noch lange nicht die „Zivilcourage“ zur Lebensbedrohung. Die Lebensgefahr bleibt die Gewalt (und wer auf diese schaut, wird noch viel Opfer finden, auch in der Tageszeitung von heute).
Die meisten ÖPNV-Nutzer dürften mehr Herzklopfen gehört haben in Situationen des Wegschauens („Sieh mich an, Alter, wenn ich mit dir sprech!“). Oder müssen wir auch diskutieren über „tödliche Krawatten“, „tödliche rote Pullis“ und „tödliches Davonlaufen“, wenn Schläger jemanden mit Krawatte oder rotem Pulli oder jemanden, der einfach nur weg will, auf dem Radar haben?
„Tödliche Zivilcourage“ klingt gut, und man kann damit sehr einfach viele „Nachrichten“ produzieren: Psychologen oder Theologen oder Sozialarbeiter befragen, Polizeiselbstversteher zu Wort kommen lassen (konkret meine ich Herrn Freiberg) und natürlich die Politik schwadronieren lassen. Mit Aufklärung hat das allerdings nichts zu tun.