Sie haben mal wieder ernst gemacht: die Hamburger Pressefotografen, von der Musikindustrie gerne als unbezahlte PR-Spezel eingespannt, haben die Aufführung von Rammstein am Montag gemeinschaftlich boykottiert – wegen völlig inakzeptabler Vertragsbedingungen des Managements.
In ihrem Text zum Protestfoto – das ganz ehrlich zur kostenfreien Nutzung überlassen wurde, sogar ohne Einschränkungen für Satire o.ä. – schreiben sie:
„Hamburger Konzertfotografen boykottieren das Rammsteinkonzert am 14.12.2009 aufgrund von Knebelverträgen. […] Der Vertag der Rammstein GbR reduziert u.a. die Verbreitungsmöglichkeiten der Konzertfotos auf ein einziges, namentlich zu bezeichnendes Medium und beinhaltet, dass Rammstein die Bilder gratis für eigene Zwecke nutzen darf. Bildjournalistinnen und -journalisten sollen der Band gestatten, Fotos für die Nutzung auf Webpages von Rammstein oder dem Management der Band ohne gesonderte Vergütung nutzen.“
Die Solidarität war erfolgreich. Denn dem alten Aufruf, in den Zeitungen schwarze Kästen zu drucken statt PR-Fotos, wenn Pressefotografen nicht frei waren, ist die Hamburger Morgenpost nachgekommen.
Das Problem ist aus unserer Sicht allerdings nicht die konkrete Vertragsgestaltung, sondern die Möglichkeit, solche Verträge überhaupt zu schließen und damit als Veranstalter über den Zutritt der Presse frei entscheiden zu können. Dem zugrunde liegt die juristische Auffassung, dass es sich bei allen Veranstaltungen auf privatem oder gemietetem Gelände nicht mehr um öffentlichen Raum handelt, sondern um eine Fete im Freundeskreis auf dem eigenen Grundstück – wo Presse nichts zu suchen hat. Bisher ist diese Auffassung leider mehrheitsfähig – sicherlich auch, weil der Staat selbst gerne privater Veranstalter ist und damit die Öffentlichkeit kontrollieren möchte.
Was es braucht, ist eine andere Definition von Öffentlichkeit. Das könnten natürlich ohne jede Gesetzesänderung die Gerichte leisten, Anhaltspunkte gäbe es genügend. Aber wie wir bei den aktuellen Urteilen etwas um Bagatellkündigungsgründe oder Abschiebungen sehen können, ist hier nicht mit all zu viel Weitblick zu rechnen.
Um der Pressefreiheit willen sind daher die Medien selbst aufgefordert, den Einschränkungen entgegenzutreten. Nicht zu berichten von all den Veranstaltungen, bei denen sie an die Kandare gelegt werden sollen, ist das eine. Viel mehr zu berichten über all das, was sie angeblich nichts angeht – von Sportveranstaltungen, Bahnhöfen, Universitäten etc. – ist das andere.
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…nett sehen sie aus, die Hamburger Kollegen!
…ich mach immer wieder Konzertfotos für die F.A.Z. und gerade in der letzten Zeit war ich Abends öfter zuhause – wegen diesen Knebelverträgen. Hat auch was!
Wer nicht in die Zeitung möchte, findet da halt einfach nicht mehr statt. Das sollte auch für die Vorberichterstattung gelten – Konzertveranstalter können ja dann einfach Anzeigen schalten.
…wir Fotojournalisten sollten einfach anfangen, einmal im Jahr eine Anti-Pressefreiheits Preis zu vergeben: Am besten einen nationalen und einen internationalen Preisträger bestimmen – und so könnte „Rammstein“ endlich mal in einem Zusammenhang mit Robert Mugabe oder einem anderen Sympathieträger genannt werden….
…wo hört das auf? Bahnhöfe privat (?), Konzerte privat (?), Europäisches Parlament (?)…. und die meisten schreibenden Kollegen kuschen, um „ihre Kontakte nicht zu gefährden“. UNERTRÄGLICH. Sorry.
Beste Grüsse
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Wenn man kein Entgegenkommen von Seiten der Künstler bekommt, dann sollte man gar nicht über diese mehr schreiben. Nur wer in der Presse steht ist wichtig und wenn man ignoriert wird, dann fängt man an nicht mehr solche merkwürdigen Regeln haben zu wollen.
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