Es ist, wie uns heute Studenten schrieben, nicht gerde die treffendste Überschrift: „Balkanstaaten feiern, Türkei mault“ – wenn es um die Kritik des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu an der neuen EU-Visumsfreiheit für Serbien, Mazedonien und Montenegro geht, während Türken weiterhin ein Visum beantragen und allerhand Nachweise erbringen müsssen, wollen sie z.B. nach Deutschland reisen.
Denn ganz unabhängig davon, dass die neue Regelung nicht alle Balkanstaaten betrifft – Bosnien-Herzegowina etwa bleibt von der Freizügigkeit ausgeschlossen -: Deutsche kommen schon lange schlicht mit ihrem Personalausweis in die Türkei, während ein Gegenbesuch eben von bürokratischen Genehmigungen abhängt. Kritik daran als „maulen“ zu bezeichnen wirkt überheblich – oder ist das schlicht hanseatisch?
Ich sehe diese Überschrift bei den vielen, vielen Fällen des beim Spiegel wieder in Mode gekommenen Slangs von Nach/kriegsbürger-, Beamten- und Spießerkreisen. Jedesmal, wenn ich Überschriften ertragen muss, in denen sich jemand jemanden „vorknöpft“, höre ich auch das Echo meiner Großeltern „dann ist aber Polen offen!“
Merkel hat unaussprechlich schlecht dagestanden nach dem Klimagipfel, was der Spiegel zwischenzeitlich auch transportierte. Und was bleibt im Nachgang: Hachja, „Merkel warnt vor Gipfelmiesmacherei“. Sicher hat sie sich auch wieder irgendwen „vorgeknöpft“.
Es ist billig, es ist unsäglich, es ist völlig durchschaubar, aber vermutlich erfolgreich. Mit dieser perfiden Sprachregelung signalisiert man beim Spiegel gleich vorweg, wer der Gute und wer der Böse ist, wer der Coole und wer der Loser ist.
Als der Arbeitgeberpräsident kürzlich über ein Gerichtsurteil zu Flashmobs „maulte“, las sich das anders: Der Arbeitgeberpräsident „geißelte“. Natürlich hätte man auch schreiben können, die Türkei „geißelte“. Aber mit Bedacht hat man eben das nicht getan.