Die „Berichterstattung“ in eigener Sache bei der Spiegel-Gruppe nähert sich allmählich ja der Marke mit ihren Mägden – Bild -. Überall Spiegel-Bücher, Spiegel-TV-Sendungen, Spiegel-Bestsellerlisten, Spiegel-Kooperationen… Nun gut.
Manch Eigending muss ja auch kolportiert werden – Spiegel-Online kann im Text über die Verleihung der Henri-Nannen-Preise die vielen Preisträger aus dem eigenen Haus nicht verschwiegen.
Aber die Kritik, die es am Reportage-Preisträger René Pfister gibt, hätte schon auch noch Platz finden dürfen. SpOn schreibt:
Den ersten Platz in der Kategorie Reportage und damit den traditionellen Egon-Erwin-Kisch-Preis gewann SPIEGEL-Redakteur René Pfister. Für seinen Artikel mit dem Titel „Am Stellpult“ hatte er Horst Seehofer am Pult seiner Modelleisenbahn porträtiert.
Dabei hat Pfister offenbar gerade nicht Seehofer an seiner Modelleisenbahn porträtiert – oder nur in dem Maße, in dem er auch Seehofer auf dem Klo zu porträtieren vermag; vielmehr hat er ihn dorthin getextet.
Seit neuestem hat auch Angela Merkel einen Platz in Seehofers Keller. Er hat lange überlegt, wohin er die Kanzlerin stellen soll. Vor ein paar Monaten dann schnitt er ihr Porträtfoto aus und kopierte es klein, dann klebte er es auf eine Plastikfigur und setzte sie in eine Diesellok. Seither dreht auch die Kanzlerin auf Seehofers Eisenbahn ihre Runden.
In dieser Art schreibt Pfister jede Menge Details und Betrachtungen von Seehofers Eisenbahn. Nur dass er diese offenbar nie gesehen hat. Beim SPIEGEL fällt das kaum weiter auf, weil sich der geneigte Leser ja bei jedem zweiten Artikel fragt, wie der Spiegel-Autor denn bei dieser oder jener Situation schon wieder anwesend gewesen sein soll ( – aber es sind dann meist völlig harmlose Nacherzählungen unbekannter Quellen).
Die Dinge, die man in einer Reportage den Lesern nahe bringt, selbst nur aus Erzählungen zu kennen, ist ein – ungewöhnlicher Ansatz. Das sollte Spiegel-Online wenigstens herausstellen.
Update 10. Mai 2011:
Die Jury hat Pfister den Preis inzwischen wieder aberkannt. Bei Spiegel-Online zeigt sich das altbekannte Problem, dass Artikel nicht aktualisiert werden. Zwar wird „in eigener Sache“ die Aberkennung erwähnt und auch die Begründung der Jury zitiert (neben einer Stellungnahme des Spiegel, wie imme sich ein Magazin artikulieren kann), der alte Jubeltext enthält aber keinen Verweis darauf.