Warum tun sich so viele Journalisten schwer damit, Menschen Menschen sein zu lassen? Sie wollen – zumindest in den von ihnen kommerziell beobachteten Lebensbereichen – Schauspieler sehen, über deren Leistungen sie dann nicht nur zu Wahlkampfzeiten räsonieren.
Lorenz Maroldt sinniert im Tagesspiegel:
Ein Finger, der zum Fragezeichen wird, der aus dem Kandidaten ein Rätsel macht – und ihn womöglich als Kanzler unmöglich.
Seine Bildinterpretation:
Die Augen verkniffen, offen der Mund: ein Hooligan, kurz davor, dem Gegner mit der hohen Stirn das Nasenbein zu zertrümmern
Dabei ging es hier ja wirklich um Theater, mal wieder ein von Journalisten selbst veranstaltetes Improvisationstheater. Für die Reihe „Sagen Sie jetzt nichts“ hat Peer Steinbrück pantomimisch geantwortet. Eine ganz schöne Herausforderung, – und durchweg gelungen, wie ich finde.
Aber es gibt nur ein Bild, über das gesprochen wird, das die Süddeutsche Zeitung natürlich auch aufs Cover gehoben hat: der ausgestreckte Mittelfinger. Die hoch-seriöse Frage, die Steinbrück damit beantwortete, lautet: „Pannen-Peer, Problem-Peer, Peerlusconi – um nette Spitznamen müssen Sie sich keine Sorgen machen, oder?“
Was soll man auf solch eine Frage antworten? Der Stinkefinger ist nicht super-originell, aber er ist genau das, was jeder an Steinbrücks Stelle auf diese Frage sagen sollte – selbst, wenn er Worte verwenden dürfte. Weil die Frage an sich unglaublich dämlich ist: Warum sollte sich jemand „Sorgen machen“ darum, dass ihm die Journalisten keine „netten Spitznamen“ geben? Es gibt wohl allenfalls die Journalisten-Sorge, zu einem wichtigen Protagonisten ihres Tagesgeschäfts könnte ihnen kein gut verkäuflicher, zitierfähiger „Spitzname“ einfallen (oder ihnen vom politischen Gegner zugetragen wird).
Ich mag Steinbrück nicht. Ich fand ihn im Kanzlerduell auch alles andere als sympathisch. Aber viel unsympathischer ist mir die gespielte Erregung über den Stinkefinger. Der geht völlig in Ordnung, weil er im schauspielerischen Kontext passte, menschlich absolut verständlich ist und von den Echauffierten selbst gefordert wurde. (Tg)
Das ganze ist nur eine weitere Medien-Kampagne. Denn in praktisch allen Empörunsberichten kam der Hintergrund (also das Frage – Gestenantwort – Spielchen) kaum oder gar gar nicht zur Erwähnung. Und die Berichte über die Empörung „des Volkes“ lassen genauso vermuten, daß den Empörten der Hintergrund nicht bekannt war.
So macht man negative Stimmung.
Warum habt ihr euch für Sportjournalisten entschieden? Seid ihr Fanboys, die damit auch mal ihren Idolen näher kommen wollten? Jonathan: Auf das Wort Fanboys reagiere ich ein bisschen allergisch. Diese Leute mal persönlich kennen zu lernen, war nur ein vierter oder fünfter Gedanke. Sportjournalisten haben wir deshalb genommen, weil wir die Themen spannend finden, die wir mit ihnen besprechen können. Bei Herbert Fischer-Solms zum Beispiel die Themen DDR-Sport und Doping. Jens: Es ist ja auch so, dass Sportjournalisten durchaus was zu erzählen haben. Wir unterhalten uns ja nicht über den Beruf und die Methoden, sondern es geht um Schwerpunktthemen. Bei Ronny Blaschke war das die Geschichte vom “Angriff von Rechtsaußen”: Wie unterwandern Rechtsextreme den Amateursport und jetzt eben die Bereiche DDR und Doping. Das sind Themen, die über den Journalismus hinaus interessant sind und eine breitere Zielgruppe ansprechen. Jonathan: Ich kann mal ein Beispiel aus der aktuellen Folge erzählen. Da gibt es eine Passage, in der wir beiden Journalisten uns mit Herbert Fischer-Solms speziell über Sportjournalismus unterhalten. Das war der Punkt, an dem wir beide gedacht haben: Das ist jetzt eher eine Nerdgeschichte und wirklich nicht spannend. Erst wollten wir das nur als Special bringen oder nur für die Leute, die auch bei StartNext eine DVD bestellt haben. Davon sind wir jetzt weg, weil es schon wichtig ist, wie diese Person Sportjournalismus definiert. Aber der Schwerpunkt soll sein Thema sein, in dem er sich auskennt.