* Was sollen Meinungsumfragen zeigen? Meinungen vermutlich. Dass die Ergebnisse wesentlich von der Fragestellung abhängen, ist bekannt. Was noch nicht jedem bekannt ist: Meinungen über Tatsachen sind irrelevant. “Sind Dienstage Ihrer Ansicht nach Werktage?” “Ist Angela Merkel deutsche Bundeskanzlerin?” Oder eben auch: Ist Die ZEIT eine Zeitung?
* Mit dem richtigen Maß an Distanz und Nähe hatte es Simone Schmollack von der taz nicht so bei der Vermeldung einer bundesweiten “Razzia”. “Kinderpornoring aufgeflogen” titelt das Blatt definitiv falsch. Denn was es zu diesem Zeitpunkt vermutich gab, waren Hinweise, die den zuständigen Gerichten für die Genehmigung von Hausdurchsuchungen genügten (die Berichterstattung auch anderer Zeitungen schweigt dazu, obwohl man bei der gleichzeitigen Durchsuchung von 125 Wohnungen in 13 Bundesländern als Journalistin vielleicht doch auch einen Blick auf die Rechtsgrundlage werfen und sich ggf. zwei Gedanken über die Verhältnismäßigkeit machen sollte ). Was immer die Fahnder nun beschlagnahmt haben (die Rede ist von 260 Computern, 850 externen Speichermedien wie Festplatten, 150 mobilen Geräte wie Tablets und Smartphones und rund 7500 CDs oder DVDs): es wird nicht nur deren Auswertung noch lange dauern, sondern es haben Gerichte (in öffentlichen Verhandlungen) zu prüfen, ob und ggf. wer sich strafbar gemacht hat. Deshalb gibt es bislang keine Täter, sondern nur Verdächtige bzw. Beschuldigte, allerdings hoffentlich nicht allzuviele nur “mutmaßlich Beschuldigten“, wie die taz schreibt.
Zum Thema Kinderporno siehe auch:
Medien-Hype um Edathys Kinderpornos (auch im aktuellen Fall wird nicht angedeutet, um was es sich genau handeln soll)
* Dass auch der Teaser einer Meldung ausgewogen sein müsse, habe das Landgericht Köln entschieden, meint Mandanten-Lobbyist Ralf Höcker. Der hatte eine Einstweilige Verfügung gegen BILDplus erwirkt, weil ihm der Werbetext vor der Bezahlschranke zu einseitig war. Höcker:
“BILD muss seine Anreissertexte demnächst also entweder ausführlicher formulieren oder darf gewisse Inhalte überhaupt nicht mehr hinter einer Bezahlschranke verstecken.”
Eine solche Grundsatzentscheidung ist aus einer Einstweiligen Verfügung sicherlich nicht herauszulesen. Zudem wird der Beschluss zurecht auch kritisiert. Es wäre ein weiterer Baustein im Bollwerk der Privatzensierer, wenn nun durch Richterrecht explizite Vorgaben für Teaser (und dann als nächstes wohl auch Überschriften) gemacht würden. Wenn es zu einem Hauptsacheverfahren kommt, sollten sich die beteiligten Richter auch endlich mal selbst beschränken und sich nicht als Sprachgutachter versuchen (wie praktisch immer), sondern Sachverständige dazurufen. Denn aus journalistischer Sicht ist an dem BILDplus-Teaser nichts zu beanstanden, der da lautete: “Peinlich, peinlich, Herr Politiker! Kontrolleure erwischten den ehemaligen Grünen-Landtagsabgeordneten Daniel Mack (27) als Schwarzfahrer. Doch dabei bleibt’s nicht – jetzt ermittelt die Frankfurter Polizei gegen den Kommunikationsberater.” (zit. nach Meedia) (Zur Qualität und ggf. Unzulässigkeit der BILD-Berichterstattung in diesem Fall insgesamt äußern wir uns hier nicht!) Ausführlicher ist der Fall z.B. beim Darmstädter Echo zu lesen.
Aber fragen wollen wir denn doch noch, ob sich Ursula Scheer denn das Kölner “Urteil” wirklich durchgelesen hat, das sie in der FAZ interpretiert.
* Gerne gelesen haben wir, dass die satirische Wanderhure nicht mehr weg sein muss. Sie genießt Kunstfreiheit.
* Dass der DJV immer noch die “Bild-Leserreporter” als Bedrohung des Journalismus’ sieht, wundert allein ob der Hartnäckigkeit. Bringt nicht jede Lokalzeitung – auch außerhalb des Sommerlochs – gerne Leserfotos von Tieren, Gewittern und Schilderwäldern – vom wichtigen Zulieferbetrieb Feuerwehr (2; 3) ganz abgesehen?
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