Was Kühnert sagt, ist egal

Die deutschen Medien lamentieren immer noch über Kevin Kühnert – obwohl sein Angebot doch war, über „den Anspruch, dass eine bessere Welt nicht nur denkbar, sondern auch realisierbar ist“ zu reden. Eine Medienkritik ist dazu gerade bei Telepolis erschienen: Journalismus für die Mächtigen.

Wenn aber tatsächlich mal von Kevin Kühnert zu reden ist anstatt über ein von ihm vorgeschlagenes Großthema, dann haben die deutschen Medien große Mühe, ihn überhaupt nur wahrzunehmen. 

Am Freitag hat die SPD offenbar mit einer Kundgebung vor dem Staatstheater in Saarbrücken ihren  Europawahlkampf begonnen. Der Saarländische Rundfunk (SR) berichtet:

Die Europa-Spitzenkandidaten Katarina Barley und Udo Bullmann, Parteichefin Andrea Nahles, Finanzminister Olaf Scholz und Außenminister Heiko Maas: Zum Start in den Wahlkampf war fast die gesamte Partei-Prominenz nach Saarbrücken gereist.

Zur „Causa Kühnert“ sagt der Sender, was nicht gesagt wurde:

Die aktuelle Kapitalismus-Kritik von Juso-Chef Kevin Kühnert spielte bei der Veranstaltung in Saarbrücken keine Rolle. Kühnert war zwar anwesend, auf seine Forderungen gingen aber weder Nahles, noch Barley oder Maas ein.

Erst im letzten Satz kommt dann noch etwas zum Gesagten – mit der lokaljournalistisch erprobten Formel: „Der Bürgermeister sprach ein Grußwort“, nämlich:

Bei der Veranstaltung auf dem Tbilisser Platz wurde er [Kevin Kühnert] vom Publikum mit besonders viel Applaus empfangen. In seiner Rede sprach er allerdings über andere Themen.

Für Tagesschau.de berichtet ein anderer SR-Reporter:

Bei den Saarbrücker SPD-Anhängern konnte Kühnert mit seiner Forderung nach der Vergesellschaftung von Unternehmen auf demokratischem Weg durchaus punkten. Kühnert bekam nicht nur den lautesten Applaus, sondern auch viel Zuspruch. Klar könnten seine Anregungen nicht eins zu eins umgesetzt werden, findet man hier, doch das sei eben das Vorrecht der SPD-Jugendorganisation.

Wie genau Kühnert das mit dem Punkten gemacht hat, bleibt nebulös, denn der Beitrag endet mit dem Satz:

[…] und so wundert es wenig, dass Kühnerts Sozialismus-Gedankenspiele auf dem offiziellen Wahlkampfauftakt der SPD kein Thema waren.

Ob die in Saarbrücken geäußerten Gedanken des Bundesvorsitzenden der Jungsozialisten nun garantiert sozialismusfrei waren?

Auch Spiegel.de verrät uns das nicht, weiß aber immerhin, dass es außerhalb der Bühne schon um „die umstrittenen Themen“ ging, „mit seinen Fans unter vier Augen, versteht sich.“

Medienkritik-Empfehlungen zum Thema: 

+ Patrick Bahners, „In Hamburg durchgefallen“, FAZ: „Die Überschrift der „Zeit“ war in der Sache nicht falsch. Aber die Blattmacher hatten es auf eine Lenkung der Aufmerksamkeit abgesehen, die an Irreführung grenzt.“

+ Thomas Laschyk, Volksverpetzer: „Faktencheck: Nein, Kühnert hat nichts ‚gefordert‘, auch keine ‚Verstaatlichung‘ von BMW.“

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