Bei vielen Presseschauen* werden die Autorennamen der zitierten Kommentare unterschlagen. Beispielhaft sei auf den Deutschlandfunk verwiesen, der täglich zahlreiche solcher Übersichten sendet (z.B.“Aus deutschen Zeitungen„, „Internationale Presseschau„, „Wirtschaftspresseschau„).
Dies ist aus zwei Gründen zu kritisieren:
a) Mit Zitatzuschreibungen wie „…ist sich die VOLKSSTIMME sicher“ oder „Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG ist folgender Meinung…“ wird das Medium als Meinungsmonolith dargestellt. Zwar dürfen Presseunternehmen als sog. Tendenzbetriebe nach §118 Betriebsverfassungsgesetz die Kommentarlinie festlegen, jedoch ist aus Qualitätssicht Meinungsvielfalt innerhalb eines Mediums zu erwarten und empirisch auch oft anzutreffen. Das Medium bzw. die Redaktion selbst muss also keineswegs zu jedem Kommentarthema eine eindeutig positionierte Meinung haben. Dann sind entsprechende Zitatzuschreibungen irritierend, weil z.B. unvollständig.
b) Autoren haben grundsätzlich Anspruch auf Nennung als Urheber (§13 UrhG). Dies gilt auch bei erlaubter auszugsweiser Nutzung (§ 63 UrhG). Konkret für Presseschauen im Radio heißt dies, dass „stets außer dem Urheber, der in der benutzten Quelle bezeichnet ist, auch die Zeitung oder das Informationsblatt anzugeben (ist), woraus der Artikel entnommen ist; ist dort eine andere Zeitung oder ein anderes Informationsblatt als Quelle angeführt, so ist diese Zeitung oder dieses Informationsblatt anzugeben.“
Auf eine entsprechende Frage antwortete** Tobias Franke-Polz von der Pressestelle des Deutschlandradio:
„Die Presseschau im Deutschlandfunk verzichtet aus mehreren Gründen auf eine mögliche Namensnennung. So kennzeichnen nicht alle Zeitungen die Kommentare namentlich, was eine einheitliche Verfahrensweise de facto unmöglich macht. Hinzu kommt, dass vielen Hörerinnen und Hörern die jeweiligen Kommentatorinnen und Kommentatoren nicht bekannt sein dürften, egal ob aus dem In- oder Ausland. Die Kommentare sind darüber hinaus durchaus als Meinungsbeiträge einer Zeitung zu verstehen, auch urheberrechtlich, denn die Kolleginnen und Kollegen schreiben ja nicht für sich oder in einem persönlichen Blog. Sie werden vielmehr dafür und für die Verbreitungsrechte bezahlt. Dabei gibt es Ausnahmen: Wenn es sich um Gastbeiträge handelt, dann kennzeichnen wir das auch so.
Im Netz unter www.dlf.de/presseschau verlinken wir bei jedem Kommentar zu der jeweiligen Zeitung, so dass sich Nutzerinnen und Nutzer ein Bild über die Texte im Ganzen machen und ggf. auch den Namen des Autors oder der Autorin kennen lernen können.“
Anmerkung zur Verdeutlichung: Verlinkt werden nicht die einzelnen Beiträge, aus denen zitiert wurde (es stehen auch nicht alle online), sondern nur die Medien. Hörer oder Leser des DLF müssen sich also noch selbst auf die Suche machen.
* = Weitere Presseschauen, die ohne Autorennennung arbeiten, gibt es z.B. bei der tagesschau, beim MDR, beim Spiegel.
Als positive Beispiele mit Namensnennung der zitierten Autoren gibt es bei der Süddeutschen Zeitung, der Bundeszentrale für politische Bildung, beim Perlentaucher, bei LTO, in einzelnen Beiträgen „Aus den Feuilletons“ bei Deutschlandfunk Kultur.
** Dieser Beitrag stammt von Juni 2019 und wurde hier aktualisiert 2022 wieder veröffentlicht.