Kirchenmoralischer Medienjournalismus?

Als “moralische[n] Medienjournalismus nach dem Wertebild der Kirchen” bezeichnet DWDL-Chefredakteur Thomas Lückerath epd Medien und KNA Mediendienst in einer Replik auf einen just bei epd Medien erschienenen Leitartikel von Hans-Jürgen Jakobs. Auf LinkedIn lobt Lückerath die digitale Vielfalt des heutigen Medienjournalismus und schreibt:

>Es kommt zur Sprache, was früher gar nicht wichtig erschien. Nehmen wir zum Beispiel die Bedeutung von Sichtbarkeit in den Medien und wie reichweitenstarke Medien Verantwortung tragen durch die Sprache, Bilder und Inhalte, die sie verbreiten. Das war natürlich kein Thema für einen Medienjournalismus, der unerklärlicherweise in Deutschland lange stark (und auch heute noch) geprägt und bezahlt wird von den beiden deutschen Amtskirchen. Moralischer Medienjournalismus nach dem Wertebild der Kirchen – das sollen die goldenen Zeiten gewesen sein? Ich bin nicht nur als schwuler Mann froh, dass Medienkritik sich weiterentwickelt hat.<

Journalistik-Professor Volker Lilienthal antwortete Lückerath daraufhin in den Kommentaren:

>Die Leistungen von DWDL.de habe ich persönlich sehr wohl im Blick. Aber wenn Sie, Herr Lückerath, meinen begründet fragen zu können: “Moralischer Medienjournalismus nach dem Wertebild der Kirchen – das sollen die goldenen Zeiten gewesen sein?”, dann frage ich mich, wann Sie zuletzt epd medien gelesen haben. Ich überblicke da einen Zeitraum von 20 Jahren und auch die letzten 14 Jahre ganz gut und kann nur sagen: Ihre Invektive liegt neben der Sache. Aber komplett. Nur weil man die eigenen Leistungen herausstellen will, muss man doch nicht Wettbewerber kontrafaktisch herabsetzen. Schlechter Stil.<

In der Tat würde man sich von einem Medienjournalisten Belege für die These wünschen, die beiden kirchlich getragenen Mediendienste verbreiteten “moralische[n] Medienjournalismus nach dem Wertebild der Kirchen”. Eine irgendwie ‘anti-schwule’ Haltung wird er nach unserer Wahrnehmung nicht finden. Und damit wären wir in dem Bereich, den zu durchforsten sich der Medienjournalismus doch  besonders anschickt: die Desinformation, die man hier mit dem gebräuchlichen (aber dennoch fast immer unpassenden) Etikett der “Verschwörungstheorie” labeln könnte.

Insofern ist Lückeraths Urteil über die Branchendienste von epd und KNA keine Lappalie: sie berührt die Kernkompetenz des Medienjournalismus.

BTW: Dass sich DWDL in der Kritik der Corona-Berichterstattung erwähnenswert betätigt hätte, ist uns nicht aufgefallen, auch eine Archivsuche nach einschlägigen Themen, Personen und Studien legt es bisher nicht nahe. epd Medien hingegen hatte frühzeitig auch kritische Positionen im Heft und führte im ersten halben Jahr der Pandemie eine ganz beachtliche Liste mit Medienkritik und erster Medienforschung zum Corona-Journalismus.

(Transparenzhinweis: Ganz, ganz selten schreibt der SpKr-Hrsg. für epd Medien, zuletzt in Heft 9/2023)

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