An einer kleinen Meldung der Deutschen Presseagentur (dpa) lässt sich mal wieder untersuchen, wie Tatsachen und Meinungen in Nachrichten vermischt werden.
Ausgangspunkt für eine von vielen Medien aufgegriffene Meldung ist folgender Tweet von Elon Musk:
Why is there such a negative reaction from some about AfD?
They keep saying “far right”, but the policies of AfD that I’ve read about don’t sound extremist. Maybe I’m missing something.
dpa Meldung (via Zeit.de) | Anmerkung |
Wahlen: Musk: Finde Positionen der AfD nicht extremistisch10. Juni 2024, 8:57 UhrQuelle: dpa Berlin/Brandenburg |
Das indirekte Zitat in der Überschrift ist falsch. |
Der amerikanische Tech-Milliardär Elon Musk, der als Tesla-Chef zu den großen Arbeitgebern in Brandenburg gehört, hat sich nach der Europawahl lobend über die AfD geäußert. | Die Aussage ist falsch. In dem Tweet, der Grundlage der Meldung ist, äußert sich Musk nicht lobend, sondern ausschließlich verwundert, sogar mit Fragezeichen versehen. |
Die Partei werde als rechtsextremistisch bezeichnet, “aber die politischen Positionen der AfD, von denen ich gelesen habe, klingen nicht extremistisch”, schrieb Musk am Sonntag auf seiner Online-Plattform X. | |
Die AfD schnitt bei der Europawahl am Sonntag als zweitstärkste Kraft in Deutschland nach der Union ab und gewann die Kommunalwahlen in Brandenburg. Der Verfassungsschutz stuft den AfD-Landesverband als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Der Elektroauto-Hersteller Tesla betreibt in Grünheide bei Berlin seine einzige Fabrik in Europa. | |
Musk steht politisch fest auf Positionen der amerikanischen Rechten. | Diese Zusammenfassung seiner politischen Äußerungen wird man als falsch bezeichnen müssen, siehe den Überblick bei Wikipedia. |
So beklagte er wiederholt angeblichen Rassismus gegen Weiße in den USA | Wieso “angeblichen”? Wird hier der Rassismus-Vorwurf als Meinung behandelt (im Sinne von “ich empfinde es als Rassismus…”), gibt es kein “angeblich”. Soll es sich um eine Tatsachenbehauptung handeln, müsste definiert werden, was wann und warum als Rassismus zu bezeichnen ist. Dass es Abneigungen aus jeder (ethnischen) Gruppe gegenüber anderen gibt, ist mit unzähligen Einzelbeispielen zu belegen (also die Gegenthese zu falsifizieren). |
und behauptete, die Demokratische Partei von US-Präsident Joe Biden unterstütze illegale Einwanderung, um Wahlen zu gewinnen. Er ignorierte dabei, dass Migranten erst die US-Staatsbürgerschaft bekommen müssen, um abstimmen zu können. | dpa ignoriert dabei, dass man auch andere Einflüsse auf Wahlen sehen kann, allem voran den öffentlichen Diskurs. Konkret hat Einwanderung aber auch Einfluss auf die Sitze im Repräsentantenhaus, die sich aus den alle 10 Jahre stattfindenden Volkszählungen ergeben, bei denen die Staatsbürgerschaft keine Rolle spielt, wie dpa schon mal wusste. |
In die europäische Politik mischte sich Musk bereits im vergangenen Herbst ein. | Wieso ist Musks Beschäftigung mit deutschen Politik-Debatten eine Einmischung, die dpa-Kommentierung u.a. zur Immigration in die USA (und die unendliche Thematisierung des US-Präsidentschaftswahlkampfs) jedoch nicht? |
Er verbreitete einen Beitrag, in dem die Hoffnung auf einen Wahlsieg der AfD bei der Europawahl bekundet wurde.
© dpa-infocom, dpa:240610-99-338426/2 |
Gemeint ist wohl dieser Repost, verlinkt bzw. konkret benannt ist er bei dpa nicht. Hier wäre, wie oben, die Zusammenfassung als desorientierend unvollständig zu bezeichnen. |
Wir halten fest: Nachrichtenwert sah die dpa (und in Folge zahlreiche ihrer Kunden) allein in Musks Frage, warum die AfD – wohl in den Medien – als “far right” bezeichnet werde, wofür ihm – aus amerikanischer Sicht – die Belege fehlen, wobei er selbst anmerkt, dass ihm vielleicht Informationen fehlen. dpa liefert dafür nur die sattsam bekannte Tatsache, dass der brandenburgische Verfassungsschutz die AfD beobachtet.
Beispiele für redaktionell bearbeitete, aber inhaltlich ähnliche Veröffentlichungen hierzu:
* Handelsblatt
* Welt
* Pro7