Als “moralische[n] Medienjournalismus nach dem Wertebild der Kirchen” bezeichnet DWDL-Chefredakteur Thomas Lückerath epd Medien und KNA Mediendienst in einer Replik auf einen just bei epd Medien erschienenen Leitartikel von Hans-Jürgen Jakobs. Auf LinkedIn lobt Lückerath die digitale Vielfalt des heutigen Medienjournalismus und schreibt: Weiterlesen
Ein Volksentscheid kann nicht durch Abstimmung scheitern
Nach dem Ergebnis des Volksentscheids “Berlin 2030 klimaneutral” ist allerorten vom Scheitern die Rede. Können Journalisten so sprachlich unsensibel sein?
Wie sollte ein “Entscheid” scheitern? Indem eine (neuerliche) technische Panne ihn verhindert vielleicht, aber sicherlich nicht, indem Bürger abstimmen oder es bleiben lassen. Tatsächlich gescheitert ist das Bürgerbegehren, das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz vom 22. März 2016 per Volksgesetzgebung zu ändern. Gescheitert ist also wenn schon die Initiative “Klimaneustart”, die diese Gesetzesänderung vorgeschlagen hat. Wobei “scheitern” auch hier im demokratischen Kontext reichlich absurd klingt.
Es ist die von Wahlen bekannte “Horse Race”-Berichterstattung, in der Journalisten stets die Kandidaten zu Akteuren machen statt korrekterweise die Wähler.
Die Süddeutsche Zeitung titelt:
Berliner Volksentscheid für strengere Klimaziele gescheitert
ZDF-Weizenbiene
Insekten bestäuben Getreide? Diese neue “Erkenntnis” verbreitet die aktuelle ZDF-Sendung “Plan b“, in der es um Lichtverschmutzung geht, unter der u.a. Insekten zu leiden haben.
In der zugehörigen Grafik wird diese artenreiche Tierklasse durch eine Biene vertreten. Der zugehörige Text passt leider nicht zur Honigbienen und zu Bienen allgemein auch nur marginal, eine zentrale Aussage ist in jedem Fall falsch.
>Insekten übernehmen lebenswichtige Aufgaben. Sie bestäuben Pflanzen, darunter die meisten Getreidesorten. Sie lockern den Ackerboden, versorgen ihn mit Nährstoffen und fressen Schädlinge, bevor sie selbst gefressen werden.<
(Plan b, Folge “Licht aus! Sterne an!”)
Eine Behauptung ist keine Frage
Eine nachrichtliche Einordnung des vom ZDF selbst ausgelösten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen Fynn Kliemann ist dem ZDF misslungen. Denn die folgende Behauptung ist falsch:
>Im Kern des Beitrags wurde die Frage aufgeworfen, ob bei Geschäften der Textilfirma mit einem Großhändler im Jahr 2020 ganz bewusst das Produktionsland verschwiegen wurde – Die Masken zum Schutz gegen Corona kamen aus Asien statt aus Europa.<
Jan Böhmermann hat in seiner Sendung ZDF Magazin Royale am 6. Mai 2022 nicht nur eine “Frage aufgeworfen”, sondern sehr konkret u.a. einen Betrug vorgeworfen, bis heute noch in der Überschrift der vielsagenden Sendungsseite “Leck mich am Arsch, Fynn Kliemann” (so wir das Akronym richtig übersetzen) zu lesen: “Fynn Kliemanns Maskenbetrug”. Alles Folgende gründete auf dieser – nach derzeitigem Stand juristisch falschen – Tatsachenbehauptung.
Leseverständnisprobleme
Eine Vielzahl von Fehlern in journalistischen Texten gründet in Rezeptionsschwäche. Oft scheitert schon die Wiedergabe einfacher Fakten. Betrüblich daran ist, dass viele Journalisten ihre Fehler gar nicht einsehen und ihre Darstellung für korrekt, wenigstens nicht beanstandenswert halten. Hier dazu einige Impressionen. Ausführliche Beispiele finden sich auch im zweiten Teil der Serie zum Corona-Journalismus, weiteres wird hier am Ende verlinkt. Weiterlesen
“Messerattacke” kein relevantes Thema
Dass die Medien sich wild auf die “Messerattacke” in Brokstedt stürzen würden war klar. Das Ereignis erfüllt alles, was über die Jahre empirisch als “Nachrichtenfaktoren” herausgefiltert wurde und schlicht beschreibt, womit sich Ab- und Umsatz machen lässt. Der Aufklärung, der Orientierung dienen Nachrichtenfaktoren noch lange nicht (weshalb sie auch keine Qualitätskriterien sind). Weiterlesen
Zur medialen Debatte um Silvester-Ausschreitungen
Anmerkungen zu einigen medienkritischen und journalistischen Darstellungen und Kommentierungen der Gewalt gegen Polizei und Rettungsdienst an Silvester vor zwei Wochen.
Mit Updates zu einer Fehlberichterstattung von t-online über Silvesterkrawalle im sächsischen Borna und Ergänzungen zu zwei Beiträgen auf Übermedien.
+ Zur medienwissenschaftlichen Debatte um die Herkunftsnennung von Tätern und Tatverdächtigen ist kurz vor Silvester ein Beitrag in der “Publizistik” erschienen. Besprechung und Kommentierung dazu (leider in zwei Teilen veröffentlicht): “Welchen Pass hat der Täter? Herkunftsnennungen im Journalismus” (16.01.2023); Teil 2: “Schon der Begriff ‘Migrant’ ist eine Vernebelung” (18.01.2023).
+ Andrej Reisin hat auf Übermedien – wie so oft – einige kluge Anmerkungen zur Mediendebatte gemacht. Am 4. Januar 2023 verweist er u.a. darauf, dass viele Polizeistellen von einer normalen bzw. ruhigen Silvesternacht berichtet hatten, und erzählt anekdotisch, dass es in Berlin Neukölln “früher” schlimmer gewesen sei mit der Jugendgewalt (an Silvester). Weiterlesen
ZDF-Intendant räumt Fehler ein, korrigiert aber nicht transparent
Auch wenn es satirischer Journalismus war: der erste Beitrag der Reihe “Till to go” vom ZDF hatte massive Qualitätsmängel. Denn er führte die Zuschauer auf vielfältige Weise in die falsche Richtung. Wir haben darüber Anfang August ausführlich berichtet, mit mehreren Updates: “Absurde Verdrehungen in der heute-Show“. Auf einen konkreten Fehler haben wir das ZDF drei Mal hingewiesen, der Sender blieb jedoch bei seinen Falschbehauptungen. Erst eine formale Programmbeschwerde hat dazu geführt, dass das ZDF, vertreten durch seinen Intendanten, zwei Fehler eingeräumt hat – allerdings nur in einem Schreiben an den Beschwerdeführer, nicht öffentlich. Die Falschbehauptung im Filmbeitrag bleibt bestehen, die Zuschauer werden nicht aktiv darauf hingewiesen, dass ihnen nicht nur Quatsch, sondern schlicht die Unwahrheit erzählt wurde. Denn ein zweiter Fehler erwies sich als vorsätzlich begangen – man kann also auch von einer Lüge sprechen. Warum die ZDF-Pressestelle auf Fragen und Hinweise so lange nicht reagiert hat, bleibt auch ungeklärt.
Eine Eintrag auf der eigenen Korrekturen-Seite des ZDF erfolgte trotzt erneuten Hinweises nicht (jedenfalls bisher 20 Tage lang).
Siehe zur Programmbeschwerde: “Journalistisches Sträuben gegen Richtigkeit” (Telepolis).
Siehe zum konkreten Fall mit allen Updates: “Absurde Verdrehungen in der heute-Show” (SpKr)
Letzte Aktualisierung: 24. April 2023
Autopsie: Lauterbach fürchtet Winterwelle – und rügt Länder für »populistische« Lockerungen
Der folgende Beitrag von Marc Röhlig, Spiegel-Online kann stellvertretend für tausende solcher Artikel es Corona-Journalismus stehen. Wir stellen in erster Linie Fragen zur Argumentation. Dass sich der Beitrag auf Äußerungen des Bundesgesundheitsministers im Bayerischen Rundfunk stützt, steht dem nicht im Wege. Denn den BR-Beitrag gibt es ja bereits, journalistisch neu kann daher gerade nur die Beantwortung von relevanten Fragen sein. Zudem gibt es wieder Unrichtigkeiten (mindestens drei). Weiterlesen
Autopsie: Das Ende der Maskenpflicht naht
Als Beispiel für die anhaltenden Probleme des Corona-Journalismus wird nachfolgend eine längere, ungekürzte Artikel-Passage auf Qualitätsdefizite hin untersucht. Die Passage entstammt dem Artikel “Das Ende der Maskenpflicht naht” von Deniz Aykanat, Thomas Balbierer, Johann Osel und Lisa Schnell in der Süddeutschen Zeitung (Print vom 23.11.2022, online seit 22.11.2022, jedoch datiert auf 23.11.). Diskussion bzw. Hinweise zu den Befunden sind wie immer willkommen. Weiterlesen