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Die Zeitung und das Mädchen

Es war Zufall, dass ich gerade Franzobels Buch ” Österreich ist schön: Ein Märchen” gelesen hatte, weshalb mir eine Meldung in der FR  auffiel: “Der Staat und das Mädchen” war die Notiz des Österreich-Korrespondenten  Norbert Mappes-Niediek betitelt, ganz in österreichischem Sound. Es ist eine sehr, sehr kurze Darstellung des Umgangs österreichischer Behörden und Politiker mit sechs Menschen ohne österreichischen Lebensberechtigungsschein. Die Message des Beitrags hat sich mir bis heute nicht erschlossen, was mit großer Wahrscheinlichkeit an meinem bescheidenen Vermögen liegt. Entsprechend willig war ich, über folgende Zeilen zu stolpern:

“Im Herbst 2007 drohte der Familie endgültig die Abschiebung. Als eines Morgens die Polizei klingelte, schlich Arigona, damals 15, aus dem Haus. Lebend lasse sie sich nicht abschieben, schrieb sie in einem Brief.”

Ob einem Menschen die Verwirklichung des Rechtsstaats drohen kann, war für mich eine zu hintergründige Frage. Stattdessen erinnerte ich mich, dass Franzobel von einer Abschiebung um “17.30 Uhr, eine Zeit, zu der man alle zu Hause wähnte”, schrieb. Das wäre auch für verschlafene Österreicher nicht zwingend “Morgens”. Und laut Franzobel schlich sich Arigona auch nicht aus dem Haus, sondern befand sich “bei einem Mopedführerscheinkurs in Ried im Innkreis […], als die Beamten der Fremdenpolizei kamen und das Haus umstellten.”

Interessanterweise findet sich zum genauen Staatshergang nicht viel in den tagesaktuellen Medien, und Arigona ist meist nur salopp “spurlos verschwunden”.

Die Frankfurter Rundschau hat auf meine Bitte vom 30. November, ihren Korrespondenten nach seine Quellen zu befragen und mir diese soweit möglich mitzuteilen, leider nicht reagiert. Franzobel aber bekräftigte auf Nachfrage seine Schilderung und gibt als Quelle das persönliche Gespräch mit Arigona an. Auch die  Süddeutschen Zeitung spricht davon, dass Arigona “zufällig außer Haus” war, ähnlich die Oberösterreichischen Nachrichten.

Doch bevor hier wie so oft wieder eine Notiz liegen bleibt, nur weil ein von Informationen lebendes Medienunternehmen keine Informationen gibt, sei wenigstens dies vermerkt.