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„Fall Gil Ofarim“ ist mal wieder ein „Fall Skandalisierungsjournalismus“

BILD, 6. Oktober 2021, Seite 3, mit Tatsachenbehauptung im Titel

Nach einem Geständnis hat das Landgericht Leipzig das Strafverfahren gegen Gil Ofarim vorläufig eingestellt. Der Sänger hatte vor zwei Jahren einen Hotelmitarbeiter öffentlich via Instagram beschuldigt, ihn antisemitisch diskriminiert zu haben. Nun räumte er ein, damals die Unwahrheit gesagt zu haben, wie es ihm die Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatte. Die Lügengeschichte des Sängers Gil Ofarim war keine Bagatelle, doch zu einem Skandal wurde sie nur durch das Interesse von Journalisten an eben einem solchen. Siehe ausführlich: Gil Ofarims Geständnis führt den Vorverurteilungs-Journalismus vor Weiterlesen

Rechtliche Absicherung von Verdachtsberichterstattung durch Eidesstattliche Versicherungen

Zugegeben, auch wir waren lange Zeit der Ansicht, die in investigativen Pressestücken oft zu findende Aussage, es lägen Eidesstattliche Versicherungen der (anonymen) Zeugen vor, seien rechtlich wertlos. Schließlich steht im Gesetz explizit:

>Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (§ 156 StGB)<

Selbst der bekannte und vielschreibende Bundesrichter a.D. Thomas Fischer äußerte sich entsprechend zur Verdachtsberichterstattung über Regisseur Dieter Wedel 2018: Weiterlesen

Spekulativer Nachrichtenwert

Medien wählen ihre Themen nach deren „Nachrichtenwert“ aus. Dass dieser Nachrichtenwert keineswegs automatisch etwas mit Qualitätskriterien zu tun hat, ist bekannt und in der Medienforschung anerkannt (z.B. Neuberger/ Kapern 2013: 136). Aktuell eindrückliches Beispiel: die Verdachtsberichterstattung über BILD-Chefredakteur Julian Reichelt. Ausgehend von einem SPIEGEL-Bericht plappern alle Medien nach, was dort sehr schwammig steht, und der typische Verdachtsfall Twitter bestätigt alles, was man an Häme von namhaften Journalisten erwarten darf. Weiterlesen