Lesebeute: Verstrahltes zur Weihnacht

  • Heftige Kritik hat der Gerichtsbericht von Gisela Friedrichsen im letzten Spiegel (51/2007)
    über die Neuverhandlung des Bankraubmords in Siegelsbach hervorgerufen, wie die Heilbronner Stimme berichtet.

    Staatsanwalt Martin Renninger ist auf den Bericht nicht gut zu sprechen. Einfache Fakten seien fehlerhaft dargestellt, wichtige Umstände „einfach weggelassen“ worden. „Stark einseitig“ nennt Renninger den Bericht, was ihn nicht überrascht. Denn die Spiegel-Journalistin habe sich während des Stuttgarter Prozesses „ausschließlich mit der Verteidigung unterhalten“.

    (Spiegelkritik liegen bisher trotz entsprechender Anfragen keine Stellungnahmen der Beteiligten vor. Wir reichen sie ggf. nach.)

  • Atomenergie steht beim Spiegel derzeit wieder hoch im Kurs. Wir werden belehrt, dass der Störfall in Krümmel mehr eine politische Inszenierung war, auf die die Dummmedien (nicht erwähnt: SpOn) reingefallen sind; der Reaktorunfall von Tschernobyl war überhaupt nicht schlimm („Rund 4000 von ihnen erkrankten an Krebs. Dass aber Schilddrüsenkarzinome gut operierbar sind und nur neun Kinder starben, kam nie zur Sprache.“), wie ja atomare Strahlung überhaupt ganz angenehm ist („Fast alle 140 000 Hiroshima-Toten starben schnell“), und zuletzt ging es um die Mainzer Studie zum Zusammenhang von AKW und Krebs.

    Der Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz, Sebastian Pflugbeil, hat der Spiegel-Argumentation jedenfalls einiges entgegenzusetzen.

    Die Toten von Tschernobyl – [Spiegel-Redakteur] Schulz nennt 47 Liquidatoren, 9 Schilddrüsenkrebskinder und irgendwann mal 4000 Tote insgesamt – derart zu beschreiben, ignoriert die Ergebnisse eines langjährigen Streits um die Wahrheit. Bis heute gibt es „die Wahrheit“ über Tschernobyl nicht, weil jene, die sie formulieren könnten, daran kein Interesse haben. Wenn etwa die ukrainische Katastrophenministerin berichtet, dass mehr als 17.000 Familien in ihrem Land eine Rente bekommen, weil die Väter infolge ihres Liquidatoreneinsatzes ums Leben kamen, so wiegt das schwerer, als die gebetsmühlenartig wiederholte sowjetrussische Aussage von 30, 31 oder 47 gestorbenen Liquidatoren.

  • Nach einem recht schwurbeligen Einstieg warnt Christian Schlüter in der FR davor, dass die Integration von Wikipedia-Einträgen in das neue Spiegel-Rechercheportal Wissen ab Frühjahr dem Web 2.0-Gedanken zuwider läuft:

    „Denn als Ressource funktioniert Wikipedia nur, solange das Prinzip der Freiwilligkeit gewahrt bleibt. Erst sie generiert jene Qualität, auf die man mittlerweile nicht mehr zu verzichten können glaubt.“

  • „Was ist zahlreich“ fragt der Blog „Endlosrekursion“ zum SpOn-Bericht: „Zahlreiche Muslime in Deutschland sind gewaltbereit“. Ob 6 Prozent „zahlreich“ sind?
  • Friedrich Küppersbusch in der taz zur Spiegel-Personalsuche:

    Spiegel-Chef ist in Wirklichkeit gar kein Verfassungsamt und, okay, Köhler ist wirklich eine uninteressante Personalie, aber können wir trotzdem mal lieber über dessen Nachfolgerin reden?

  • Aust bereitet laut Focus gerade eine Arbeitsgerichtsklage vor
  • Der Religions- und Glaubenskritiker Thomas Schmidt
    kommt in seiner Kritik des Spiegel-Spezial „Gesund und glücklich“ zum Fazit:

    „Es ist höchst bedauerlich, dass der Spiegel in diesem Magazin solcherlei gefährlichen esoterischen Hokuspokus eine Plattform bietet. Eine gute Gelegenheit solchem Unsinn entschieden entgegen zu treten wurde versäumt.“

  • Print und Online sollen beim Spiegel näher zusammenrücken, meint Digitalchef Müller von Blumencron bei Horizont. Vielleicht heiße die Website irgendwann sogar nur spiegel – ohne „online“-Zusatz.
  • Mathias Müller von Blumencron ist nicht nur leiter der „Redaktion des Jahres“, sondern auch werblich top-fit und somit Horizont-Awardist. Die Preisverleihung soll am 16. Januar 2008 im Schauspielhaus Frankfurt aufgeführt werden.
  • Völlig zurecht meckert „Seifenschreiber“ darüber, dass bei Spiegel-Online Anreißer für Beiträge des eigenständigen Projekts „einestages“ nicht entsprechend gekennzeichnet sind -und ist damit nicht der einzige, den das nervt.
  • Daniel Haas von der Spiegel-Online-Kultur macht sich. Nach wirklich schönen Interviews von der Frankfurter Buchmesse können wir nun seinen „Jahresrückblick 2007“ empfehlen.
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