Mit über zwei Wochen Verspätung wurde heute vermeldet (dann aber sehr schnell auf allen Kanälen), dass bereits am 30. Dezember 2017 Thomas Leif gestorben ist, Chefreporter des Südwestrundfunks (SWR) und prägender Vorsitzender des Journalisten-Clubs „Netzwerk Recherche“.
Bekannt gemacht hatte den Tod ausgerechnet* das NDR-Medienmagazin „ZAPP“, die journalistische Würdigung in der folgenden Sendung am 17. Januar 2018 fiel dann merkwürdig knapp und – für die Nähe, die es zwischen Netzwerk Recherche und dem NDR gibt – distanziert aus. Moderatorin Anja Reschke sagte:
>>Zum Schluss möchten wir gerne eines Journalisten gedenken, der Ende Dezember gestorben ist: Thomas Leif. Der war bei ZAPP oft ein kluger Experte, und ein Mann, der sich mit großem Engagement immer für die reine Lehre des Journalismus eingesetzt hat.
[Zitat Leif:] Wir dürfen uns nicht abwimmeln lassen, wir haben einen Auftrag der Gesellschaft, und sind nicht sozusagen fünftes Rad am Wagen der PR-Industrie.
Sätze wie dieser von ihm werden uns bleiben.<<
Wir verweisen aus diesem Anlass auf den Bericht vom 10-jährigen Jubiläum des Vereins, mit dem just das Ende der Ära Leif zusammenfiel. Auf weitere Nachrufe und Rückblicke werden wir unten verlinken.
>Es ist ein tragischer „Fall Leif“ und ein „tiefer Fall Leifs“ – was der bisherige Vorsitzende beides nicht verdient hat und was doch fast unausweichlich war – wie in vielen, vielen vergleichbaren Konstellationen: da ist eine charismatische Persönlichkeit, ein Macher mit Intelligenz, Power und Vernetzung, der einer sehr guten Idee Gesicht und Herzschlag gibt. […]
Die Förderung der Recherche ist Leifs Leidenschaft, und dafür hat er Bücher geschrieben und entstehen lassen, Konferenzen und Seminare organisiert, Positionspapiere in die Diskussion eingebracht, ist durch die Republik gereist, hat die Debatte um den deutschsprachigen Journalismus stark geprägt. Keiner sonst hat auch nur im Ansatz so viel Zeit und Energie in die Vereinsaktivitäten gesteckt wie Thomas Leif. Das Netzwerk Recherche ist sein Lebenswerk – das wurde in Hamburg zigfach gesagt.
Mit Thomas Leif zusammenzuarbeiten ist vielen Menschen schwer gefallen, Widerspruch bringt ihn auf die Palme, mit seinen flotten Sprüchen und Zuspitzungen ist er ein Künstler auf der Bühne und ein Elefant im Porzellanladen. Und dass auch er in journalistischen Dingen fehlbar ist, wurde in den letzten Jahren mehrfach und keineswegs nur Netzwerk-intern diskutiert.< (SpKr vom 03.07.2011)
+ Der SWR hat nach eigenen Angaben selbst erst mit großer Verspätung von Leifs Tod erfahren und deshalb bis dahin keine Mitteilung veröffentlicht.
+ Das Netzwerk Recherche (nr) bekundet im „offiziellen Vorstandsstatement“ seine Trauer recht distanziert. Anders Volker Lilienthal (s.u.), der vom Vorstand um einen Nachruf gebeten war (s.u.).
+ Ausgerechnet Leifs Arbeitgeber vergisst, für wen der Chefreporter 10 Jahre ständig ehrenamtlich im Einsatz war (gelegentlich ob des Zeitumfangs zum Erstaunen des Publikums)? Kein Wort zu dem von ihm mitgegründeten (und dann zwangsweise unehrenhaft verlassenen) Verein Netzwerk Recherche: Weiterlesen