Archiv der Kategorie: Medienethik

Presserat nicht für Deutschen Journalisten-Verband zuständig

Zu unserer Beschwerde beim Deutschen Presserat über einen Kommentar auf der Website des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) liegt mittlerweile eine Entscheidung vor: er sieht sich nicht zuständig.

Das ist einigermaßen kurios: Denn der DJV gehört zu den vier Trägerorganisationen des Presserats und entscheidet somit über alle dort eingehende Beschwerden. Während also der DJV über die Wahrung der “ethischen Standards für den Journalismus” wacht, unterliegt er ihnen selbst nicht.

Siehe dazu unseren Beitrag vom April mit Update zur Beschwerde und der Verweigerung des DJV, auf eine Presseanfrage dazu zu antworten.

“Fall Gil Ofarim” ist mal wieder ein “Fall Skandalisierungsjournalismus”

BILD, 6. Oktober 2021, Seite 3, mit Tatsachenbehauptung im Titel

Nach einem Geständnis hat das Landgericht Leipzig das Strafverfahren gegen Gil Ofarim vorläufig eingestellt. Der Sänger hatte vor zwei Jahren einen Hotelmitarbeiter öffentlich via Instagram beschuldigt, ihn antisemitisch diskriminiert zu haben. Nun räumte er ein, damals die Unwahrheit gesagt zu haben, wie es ihm die Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatte. Die Lügengeschichte des Sängers Gil Ofarim war keine Bagatelle, doch zu einem Skandal wurde sie nur durch das Interesse von Journalisten an eben einem solchen. Siehe ausführlich: Gil Ofarims Geständnis führt den Vorverurteilungs-Journalismus vor Weiterlesen

Zur medialen Debatte um Silvester-Ausschreitungen

Anmerkungen zu einigen medienkritischen und journalistischen Darstellungen und Kommentierungen der Gewalt gegen Polizei und Rettungsdienst an Silvester vor zwei Wochen.
Mit Updates zu einer Fehlberichterstattung  von t-online über Silvesterkrawalle im sächsischen Borna und Ergänzungen zu zwei Beiträgen auf Übermedien.

+ Zur medienwissenschaftlichen Debatte um die Herkunftsnennung von Tätern und Tatverdächtigen ist kurz vor Silvester ein Beitrag in der “Publizistik” erschienen. Besprechung und Kommentierung dazu (leider in zwei Teilen veröffentlicht): “Welchen Pass hat der Täter? Herkunftsnennungen im Journalismus” (16.01.2023); Teil 2: “Schon der Begriff ‘Migrant’ ist eine Vernebelung” (18.01.2023).

+ Andrej Reisin hat auf Übermedien – wie so oft – einige kluge Anmerkungen zur Mediendebatte gemacht. Am 4. Januar 2023 verweist er u.a. darauf, dass viele Polizeistellen von einer normalen bzw. ruhigen Silvesternacht berichtet hatten, und erzählt anekdotisch, dass es in Berlin Neukölln “früher” schlimmer gewesen sei mit der Jugendgewalt (an Silvester). Weiterlesen

Spekulativer Nachrichtenwert

Medien wählen ihre Themen nach deren “Nachrichtenwert” aus. Dass dieser Nachrichtenwert keineswegs automatisch etwas mit Qualitätskriterien zu tun hat, ist bekannt und in der Medienforschung anerkannt (z.B. Neuberger/ Kapern 2013: 136). Aktuell eindrückliches Beispiel: die Verdachtsberichterstattung über BILD-Chefredakteur Julian Reichelt. Ausgehend von einem SPIEGEL-Bericht plappern alle Medien nach, was dort sehr schwammig steht, und der typische Verdachtsfall Twitter bestätigt alles, was man an Häme von namhaften Journalisten erwarten darf. Weiterlesen