Archiv des Autors: Redaktion

Text des Tages

In der Rubrik “Bild des Tages” präsentiert der Schleswig-Holsteinische-Zeitungsverlag (sh:z) am 14. Oktober 2024 das hier Abgebildete. Der Text (“BU”) dazu lautet:

>Minya, Ägypten. Menschen stehen neben den Trümmern, nachdem eine Lokomotive in das Heck eines nach Kairo fahrenden Personenzugs etwa 168 Meilen südlich von Kairo gekracht ist. Foto: AP/dpa<

Eine reine Bildbeschreibung als Schrifttext wird Blinden nicht viel helfen. Und auch Sehende sollten vielleicht erfahren, was sie auf dem “Bild des Tages” nicht sehen können. “Forbes” berichtete unter Berufung auf die staatliche Zeitung Al-Ahram von mindestens zwei Toten und 20 (Leicht-)Verletzten, “Daily News Egypt” spricht von einem Toten. Weiterlesen

Medienkritik bei TP

Ein paar Leseempfehlungen zu Medienkritik, die über den Tag hinaus etwas Relevanz haben mag:

+ Rügen des Presserats wegen zu detaillierter Berichte bei Sexualstraftaten
+ Landesmedienanstalten entscheiden über “journalistische Sorgfalt”
+ Elon Musk – nur Wahnsinn ohne Genie? (Stichwort: Wertungsmaßstäbe)
+ Unvollständigkeit in der Berichterstattung (Kriminalität, Populismus, X)
+ Falsche Ausgewogenheit oder notwendige Meinungsvielfalt?
+ Zur späten Diskussion über die Qualität der Correctiv-Geschichte “Geheimplan gegen Deutschland”
+ RKI-Files: Wenig Medieninteresse an Auswertung der entschwärzten Protokolle

Verantwortlicher für Corona-Risikohochstufung seit Ende Mai bekannt

In mehreren Medien wurde zu den nun von Aya Velázquez veröffentlichten Protokollen des Robert-Koch-Instituts (RKI) behauptet, damit sei endlich offenbar geworden, wer für die Hochstufung des Corona-Risikos für die Bevölkerung von “mäßig” auf “hoch” verantwortlich sei. Denn in der ersten, von Multipolar veröffentlichten Fassung war der zugehörige Name noch geschwärzt. In Paul Schreyers Beitrag vom 18. März 2024 hieß es:

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Presserat nicht für Deutschen Journalisten-Verband zuständig

Zu unserer Beschwerde beim Deutschen Presserat über einen Kommentar auf der Website des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) liegt mittlerweile eine Entscheidung vor: er sieht sich nicht zuständig.

Das ist einigermaßen kurios: Denn der DJV gehört zu den vier Trägerorganisationen des Presserats und entscheidet somit über alle dort eingehende Beschwerden. Während also der DJV über die Wahrung der “ethischen Standards für den Journalismus” wacht, unterliegt er ihnen selbst nicht.

Siehe dazu unseren Beitrag vom April mit Update zur Beschwerde und der Verweigerung des DJV, auf eine Presseanfrage dazu zu antworten.

Extremismus und Rassismus – Tatsachen und Meinungen

Beispiel gekürzte dpa-Meldung beim Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (shz), 11.06.2024

An einer kleinen Meldung der Deutschen Presseagentur (dpa) lässt sich mal wieder untersuchen, wie Tatsachen und Meinungen in Nachrichten vermischt werden.

Ausgangspunkt für eine von vielen Medien aufgegriffene Meldung ist folgender Tweet von Elon Musk:

Why is there such a negative reaction from some about AfD?
They keep saying “far right”, but the policies of AfD that I’ve read about don’t sound extremist. Maybe I’m missing something.

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“Große Koalition” beerdigen

“Söder präferiert nach Bundestagswahl große Koalition mit SPD” titelt der Tagesspiegel. Angesichts der letzten realen und der prognostisch künftigen Wahlergebnisse sollte der Begriff “Große Koalition” endlich beerdigt werden. Die Zeiten eines Drei-Parteien-Parlaments, in dem es eben zwei große und einen kleinen Player gab, sind längst vorbei.

Derzeit kommt die SPD im Bund auf 16%, ebenso wie die AfD, die Grünen stehen bei 15%. Für eine “Große Koalition” findet die Union (derzeit: 32,5%) schlicht keinen Partner. “Groß” wäre dann allenfalls noch eine Koalition aus besonders vielen Parteien zu nennen – bzw. eine, die deutlich (und mehr als nötig) über einer 50% Parlamentsmehrheit liegt.

Was wer wissen muss (Korinthe 93)

Schon in nachrichtlichen Texten gehört zur Vollständigkeit jeder News eine ihre Relevanz begründende Einordnung – auch wenn dies regelmäßig unterbleibt. Aber schon die tägliche Polizeimeldung in der Lokalzeitung vom Verkehrsunfall braucht diesen Kontext: War der vermeldete der einzige Unfall am Vortag oder einer von vielen? War der Unfall ein statistisches Unikat oder ein erwartbares, nur nicht genau zu terminierendes Ereignis?

In Kommentaren gehört zur Einordnung die eigene faktische Position, von der aus Vorgänge bewertet werden.

In der Spiegel-Kolumne “Die Lage am Morgen” fragt Philipp Wittrock am 12. April 2024, wer dem AfD-Politiker Björn Höcke abnehmen wolle, “dass er, der Geschichtslehrer, nicht gewusst haben will, dass »Alles für Deutschland« eine SA-Parole ist?” Weiterlesen

“Fall Gil Ofarim” ist mal wieder ein “Fall Skandalisierungsjournalismus”

BILD, 6. Oktober 2021, Seite 3, mit Tatsachenbehauptung im Titel

Nach einem Geständnis hat das Landgericht Leipzig das Strafverfahren gegen Gil Ofarim vorläufig eingestellt. Der Sänger hatte vor zwei Jahren einen Hotelmitarbeiter öffentlich via Instagram beschuldigt, ihn antisemitisch diskriminiert zu haben. Nun räumte er ein, damals die Unwahrheit gesagt zu haben, wie es ihm die Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatte. Die Lügengeschichte des Sängers Gil Ofarim war keine Bagatelle, doch zu einem Skandal wurde sie nur durch das Interesse von Journalisten an eben einem solchen. Siehe ausführlich: Gil Ofarims Geständnis führt den Vorverurteilungs-Journalismus vor Weiterlesen

Lesebeute: “Gefälligkeitsjournalismus” beim Spiegel

Übermedien hatte im September 2023 über Nähe des freien Spiegel-Autors Andreas Haslauer zu seinen journalistischen Gesprächspartnern berichtet. Nun hat Autorin Lisa Kräher nochmal beim Hamburger Blatt nachgefragt, Demnach habe der Spiegel nachträglich “bei sechs Reiseberichten von Haslauer einen fehlenden Transparenzhinweis ergänzt” (alle Beiträge sind kostenpflichtig). Die Übernahme von Übernachtungskosten des Reporters durch einem Tourismus-Verband in einem Fall sei dem Spiegel nicht bekannt gewesen. Ferner schreibt der Spiegel zur Frage nach einem reaktionslos gebliebenen Leserhinweis laut Kräher: “Dass wir dem Hinweis auf Gefälligkeitsjournalismus nicht sofort nachgegangen sind, bedauern wir sehr.”

Die frei zugängliche Geschichte bei Übermedien: “Nach Interessenkonflikten: ‘Spiegel’ plant nicht mehr mit seinem Autor” (8. November 2023)

Rechtliche Absicherung von Verdachtsberichterstattung durch Eidesstattliche Versicherungen

Zugegeben, auch wir waren lange Zeit der Ansicht, die in investigativen Pressestücken oft zu findende Aussage, es lägen Eidesstattliche Versicherungen der (anonymen) Zeugen vor, seien rechtlich wertlos. Schließlich steht im Gesetz explizit:

>Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (§ 156 StGB)<

Selbst der bekannte und vielschreibende Bundesrichter a.D. Thomas Fischer äußerte sich entsprechend zur Verdachtsberichterstattung über Regisseur Dieter Wedel 2018: Weiterlesen