* Die Polizei ermittelt nicht nur in eigenen Dingen, sie übernimmt auch die Berichterstattung über ihre Arbeit selbst. Journalistische Fragen spielen im Transfer jedenfalls nur selten eine Rolle, wie man am gepflegten Schlagwort von der „wachsenden Gewalt gegen Polizisten“ sehen kann. Dies schafft es in jede passende Nachricht – stets ungeprüft natürlich. Denn Gewalt gegen Polizisten ist, was Polizisten dafür halten – wie bei der Kriminalstatistik werden nicht Verurteilungen gezählt, sondern Ermittlungsverfahren. Und wenn sich da tatsächlich eine qualitative Veränderung zeigen sollte, bliebe die wichtige Frage: Woran liegts. Wenn der kleine Bruder häufiger heulend zu Mama rennt, muss jedenfalls nicht zwingend der größere gewalttätiger geworden sein.
* Ebenso unreflektiert wird der Erfolg von „Body-Cams“ an Frankfurter Polizisten vermeldet. Polizisten werden damit zu Google-Streetview auf zwei Beinen (und mit etwas weniger Panorama). Aber selbst Journalisten dürfen einzelne Polizisten nicht fotografieren, wobei sie in übergriffstypischen Situationen wie Demonstrationen ohnehin vermummt sind. Selbst gegen eine Kennzeichnung durch Nummern wehrt sich Hessens Innenminister bekanntlich. Da muss man kein „Kriminologisches Institut“ leiten, um zu prognostizieren, auf welcher Seite die amtlich festzustellende „Polizeigewalt“ weiter wachsen wird.
* Empirisch betrachtet gibt es entgegen der Lehrmeinung nur ein Nachrichtenkriterium: „Lässt sich das irgendwie zu einer Story verwursten?“ Anders ist die geschlossene, dem Credo von der Medienvielfalt Hohn sprechende Berichterstattung über den „Erpressungsversuch“ nicht zu erklären, den Peer Steinbrück selbst als unpolitischen Nachbarschaftszwist einstuft.
Erfreulicherweise verweigern sich die politischen Gegner diesen Spielchen. So beteiligen sich Union und FDP nicht an der Schmutzkampagne gegen Steinbrück, genauso wie die Opposition auf die ungeklärten Plagiatsvorwürfe gegen Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) nicht eingeht. (Neue Osnabrücker Zeitung)
Jetzt müssten nur noch die Medien ihre Klappe halten. Aber Politik – lässt sich halt nur sehr schwer zu einer Story verwursten.
* Etwas weniger Blähung hätte dem taz-Artikel „Arschkarte gezogen“ gut getan. Denn mit der Unterzeile „Sie warben mit fremden Ärschen. Jetzt sind sie selbst gekniffen: Der Wahlwerbespot der Republikaner muss vom Netz.“ ist alles Notwendige gesagt. Wenn es aber unbedingt mehr werden sollte, dann könnte auch Platz für Details sein. Dass der Anwalt der Komparsen, die gegen die Ausstrahlung des Werbespots geklagt haben, zufällig auch der Hausjurist der taz ist etwa. (Und der könnte der taz auch endlich mal erklären, dass „ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro“ niemals eine Meldung ist, weil solch ein abartig hohes ordnungsgeld natürlich nicht droht, sondern schlicht der gesetzliche Höchstbetrag ach § 890 ZPO ist, den schon vorab auf ein angemessenes Maß zu stutzen die Richter unwillig sind.) Verzichtbar, ansonsten aber erklärungsbedürftig ist auch folgender Absatz:, der den Eindruck erweckt, eine Strafanzeige sei das neue Blockwarttelefon:
Auch die Berliner Agentur Wanted ist stinksauer – und erstattete gleich noch Anzeige beim bayrischen Zoll. Der möge einmal prüfen, ob die Sunshine GmbH den Auftrag ordnungsgemäß gemeldet, gegebenenfalls Steuern und Abgaben, abgeführt habe.