Der “Fall Relotius” führt, wie es erwartbar war, zu öffentlichen Grundlagendiskussionen. Das ist schön. Ein Problem, über das Spiegelkritik schon oft geschrieben hat, wird bei diesen Gesprächen selbst deutlich: die mangelnde Fähigkeit oder Bereitschaft von Journalisten, Fakten und Fiktionen zu trennen.
Das Problem ist normalerweise nicht die falsche Hausnummer in einem Artikel, und es ist sicherlich auch nicht die erfundene Zahl von Treppenstufen in irgendeiner Reportage. Das Problem ist, sauber zu sortieren, was eine beschreibbare Wirklichkeit ist und was die Interpretation dieser oder sogar eigener Imaginationen. Es geht um Recherche.
Beispiel 1: die meisten
In einer Auseinandersetzung um die Notwendigkeit kommentierender Einordnungen von Nachrichten schreibt der “Korrespondent von SPIEGEL ONLINE und DER SPIEGEL in Wien, Österreich” Hasnain Kazim auf Twitter: “[…] die Wahrheit ist, dass die meisten eben nicht selbst denken, sondern irgendwelchen Bullshit im Netz aufgreifen.”
Solche Zuspitzungen sind in Diskussionen selbstverständlich in Ordnung, aber zumindest wenn nach den Fakten gefragt wird, sollte man liefern können – oder eben zurückrudern: “Mir kommt es so vor, als ob…” wäre ja in Ordnung, aber nicht “die Wahrheit ist…”. (Siehe auch ergänzend auf Twitter Gesprächspartner Schlüter; im selben Gesprächsverlauf schrieb Kazim auch auf die Frage “Was richtig ist und was nicht entscheiden Sie?”: “Wenn Sie so fragen: Ja, natürlich.”) Weiterlesen