Der Checkpoint Newsletter des Tagesspiegels ist so erfolgreich, weil er süffisant kommentiert, was in der Stadt Berlin passiert. Dabei darf und muss zugespitzt werden, Ausgewogenheit ist nicht das oberste Ziel. Für die Journalistik dürfte das recht ergiebig werden, wenn sich mal jemand an die detaillierte Auswertung machen wird. Denn vom Querlesen her ist zu vermuten, dass sich trotz der verschiedenen Autoren des morgendlichen Newsletters eindeutige Meinungstendenzen feststellen lassen, was für Presseprodukte auch nicht unüblich wäre.
Eine Qualitätsgrenze ist jedoch stets erreicht, wenn Journalisten skandalisieren. Denn damit verfolgen sie ausschließlich kommerzielle Eigeninteressen: statt zu informieren, damit Orientierung zu geben und die individuelle Meinungsbildung der Kunden zu ermöglichen, gibt es klassische Schwarz-Weiß-Geschichten, Gut und Böse, und die selbst geschaffene Erregung lässt sich preisgünstig für immer weitere Berichte und Kommentare nutzen.
So macht es der Checkpoint in seiner heutigen Ausgabe wieder:
Seit dem Wochenende ist ordentlich Dampf unterm Mietendeckel, versuchen wir doch mal, die Temperatur etwas herunterzudrehen. Die Reaktionen auf das, was Lompschers linke Stadtentwicklungsexperten offenbar ausarbeiten (max 7,97 € für alles außer Neubau) reichen ungefähr von Katastrophe bis Katastrophe. Kurze, unvollständige Zusammenfassung:
schreibt Anke Myrrhe und listet dann einzelne Statements auf, die eben allesamt den Diskussionsentwurf zur Mietpreisbegrenzung der Linken-Senatorin Katrin Lompscher verreißen. Doch für die Bandbreite hat sich die Autorin auf Politiker konkurrierender Parteien und Wirtschaftsvertreter beschränkt. Hätte man da etwas anderes erwarten sollen? Kann man ein Thema überhaupt darstellen, wenn man sich nur auf Lobbyisten stützt, selbst wenn sie „vielfältig“ ausgewählt wären?
Nicht zu Wort kommen die Mieter, die quasi Zwangsarbeiter ihrer Hauseigentümer sind. Denn schließlich hat die Höhe der Mieten überhaupt nichts mit der Leistung der Immobilienbesitzer zu tun. Sie richtet sich ausschließlich nach der Nachfrage, also danach, was Kunden noch zahlen können bzw. zu zahlen bereit sind.
Statt Skandalisierung eines Vorschlags wäre journalistische Grundlagenforschung angesagt: in aller Ruhe und Breite, vor allem aber mit echter Neugier zu recherchieren, was es mit den hohen Mieten auf sich hat. Es einmal objektiv versuchen, ohne Angst, es sich mit der High Society der Stadt zu verscherzen, an deren Events man gerne auch weiterhin partizipieren möchte, und ohne Blick auf das eigene Eigentum, die eigene vermietete Wohnung, die eigene Stategie der Kapitalsicherung oder Kapitalmehrung. Auch wenn das nicht so einfach ist, wie einen Skandal auszurufen.