Schlagwort-Archive: Medium: Tagesschau

Tagesschau-Faktenfinder und dessen Definition von Fakten

Dass der-„ARD-Faktenfinder“ auf tagesschau.de einen gewissen politischen Drall haben könnte, wurde schon vielfach medial angedeutet (zuletzt mit größerer Resonanz durch das Buch „inside Tagesschau“* von Alexander Teske, siehe Interview).

Dabei geht es meist um die Frage der Relevanz: Zu welcher Berichterstattung wird überhaupt ein Faktencheck bemüht – und bei welcher werden mögliche oder tatsächliche Faktenfehler ignoriert?**

Ein zentrales handwerkliches Problem ist beim ARD-Faktenfinder wie vielen anderen Fakten-Checks stets, dass zwischen Tatsachen, Tatsachenbehauptungen und Tatsachenvermutungen auf der einen Seite und Meinungen (Bewertungen von Tatsachen, ggf. auch Tatsachenbehauptungen und -vermutungen) nicht unterschieden wird – obwohl davon jede Richtigkeitsprüfung abhängt.

Schauen wir also mal rein werkimmanent auf drei Faktenprüfungen im Beitrag: „Welche Behauptungen von Trump falsch sind“ (11.03.2025). Weiterlesen

„Elon Musk, unser Lieblingsfaschist“

Die Berichterstattung und Kommentierung in deutschen Medien zum Gastbeitrag von Elon Musk in der Welt am Sonntag zeigt fast flächendeckend Qualitätsmängel, die als symptomatisch für den Gesamtzustand gelten können.

Musk hatte auf Einladung der Welt seine Parole „Only the AfD can save Germany“ etwas näher ausgeführt. Gleichzeitig erschien eine Gegenrede des designierten und nun amtierenden Chefredakteurs Jan Philipp Burgard. Weiterlesen

Bauern-Protest und demokratische Kultur in der Tagesschau

Die Tagesschau präsentiert zum heutigen Beginn der „Bauernproteste“ online als erste Meldung:

>Forscher, Verfassungsschützer und Politiker warnen: Extremisten unterwandern zunehmend Demos. Von den Landwirten fordern sie eine klare Abgrenzung. Wenn an Traktoren Galgen hängen, sei eine Grenze überschritten, so Minister Habeck.<

Entgegen der Ankündigung im Teaser kommen jedoch nur ein Forscher und ein Verfassungsschützer im Beitrag zu Wort. Nach welchem Kriterium die beiden ausgewählt wurden, wird nicht dargelegt. Damit ist u.a. völig unklar, ob ihre Positionen als repräsentativ für ihr Metier gelten können – was bei dem Allgemeinbegriff „Forscher“ schon an sich unmöglich wäre. Eine Vielfalt an Perspektiven kann so keinesfalls aufgezeigt werden, womit das Qualitätskriterium der Vollständigkeit tangiert ist.

Denn was der zitierte Forscher Matthias Quent (Institut für demokratische Kultur, Hochschule Magdeburg-Stendal) vorträgt, sind vor allem Bewertungen, ja konkrete Handlungsempfehlungen: Weiterlesen

Zur Rammstein-Berichterstattung

Mehrere Frauen erheben neue Vorwürfe gegen Rammstein-Frontmann Lindemann. Gegenüber NDR und SZ beschreiben sie, wie junge Frauen offenbar gezielt für Sex mit ihm rekrutiert werden. Zwei Frauen berichten zudem von mutmaßlichen sexuellen Handlungen, denen sie nicht zugestimmt hätten.

So beginnt die Tagesschau (NDR) einen Bericht am 2. Juni 2023. Die Recherchen von NDR und Süddeutscher Zeitung werden breit kolportiert. Einige lose Anmerkungen zur Verdachtsberichterstattung über Till Lindemann und Reaktionen darauf. Weiterlesen

Faktenfinder zum Sturm auf den Reichstag vom Gesetzgeber offline genommen

Die 3-in-1-Medienkritik:

  • Von der beispielhaften Auskunftsbereitschaft im NDR
  • Falschbehauptung im ‚größten deutschen Online-Magazin für Juristen‘
  • Autopsie eines Tagesschau-Faktenfinders

Ausgerechnet diejenigen, die beruflich anderen Menschen Fragen stellen, antworten besonders ungerne auf ebensolche: Journalisten. Und die extra zur Auskunftserteilung beschäftigten Pressesprecher bei Medienunternehmen sind auch nicht kooperativer.

Wobei die Auskunftsfreudigkeit von Behörden, die im Gegensatz zu Journalisten und ihren Firmen i.d.R. zur Presseauskunft verpflichtet sind (nach den Landespressegesetzen, Bundesbehörden mangels gesetzlicher Regelungen als Ausfluss von Art. 5  GG) regelmäßig ebenfalls deutlich unter dem ist, was man als kooperatives Level verstehen könnte.

Im Zuge einer medienjournalistischen Recherche (zum konkreten Thema am Ende noch ausführlich) stieß ich beiläufig darauf, dass ein mir bereits bekannter Text aus der Reihe „Faktenfinder“ von Tagesschau.de nicht mehr online stand. Der Link zu diesem Beitrag vom 31. August 2020 (13:08 Uhr) wird auf die Startseite umgeleitet, im Juni 2022 war er  jedoch  laut Archive.org noch verfügbar. Ungeachtet inhaltlicher Fragen war dies merkwürdig, da andere Faktenfinder-Artikel rund um dieses Datum im Archiv noch verfügbar sind, sogar zum gleichen Thema vom selben Tag.

Also fragte ich am 18. August 2022 bei der Redaktion via Kontaktformular nach. Es gab, wie so oft [1], keine Antwort. Nach zwei Wochen Geduld kontaktierte ich die NDR-Pressestelle. Schon wenige Stunden  später antwortete am 2. September Iris Bents (Zitat vollständig bis auf Anrede und Grußformel): Weiterlesen

Tagesschau Faktencheck checkt’s nicht

Viele Journalisten können Tatsachen und Meinungen nicht unterscheiden. Das thematisieren wir immer wieder hier im Blog, weil es immense Auswirkungen hat. Um ein Beispiel aus dem vielfältigen Versagen bei der Corona-Berichterstattung zu nennen (genauer eben: bei der Recherche): In vielen Beiträgen findet sich die Angabe, wieviele oder dass einzelne Menschen aufgrund ihrer schweren Covid-19-Erkrankung „beatmet werden müssen„. Die Beatmung selbst ist ein Fakt, ihre Notwendigkeit hingegen eine Meinung. Auch wenn es umständlicher klingt, ist die einzig richtige Formulierung: Menschen werden beatmet (bzw. ihre Ärzte glauben, dass eine Beatmung notwendig sei). Wer aber nicht erkennt, dass die Entscheidung für die Beatmung eine Meinung und kein Faktum ist, der kann das genau in dieser Meinung möglicherweise liegende Problem gar nicht recherchieren. Weiterlesen

Kurz verklärt

Einstellungstest für Sozialwissenschaftler beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk:

Eine Familie besitzt einen Acker, der gerade groß genug ist, sie zu ernähren. Er ist seit Generationen in Familienbesitz und so sollen auch die heutigen Kinder der Familie später die Bewirtschaftung des Ackers übernehmen. Das Auskommen aller scheint auf ewig gesichert.
Nun kommt ein Fürst mit Soldaten daher und sagt, er beanspruche den Acker für sich, er wolle darauf seine Pferde spielen lassen oder ein Naturschutzreservat errichten oder einen Flugplatz bauen.
Wenn sich dieser Fürst nun nicht wie ein gewöhnlicher Räuber aufführen will: wie viel Entschädigung sollte er der Familie fairerweise zahlen? Soviel Kartoffeln und Getreide, dass sie über den ersten Winter kommt (um danach zu verhungern)? Oder Kartoffeln und Getreide für zehn Jahre? Oder Kartoffeln und Getreide bis ans Ende aller Tage?

Es ist erstaunlich, wie selbstverständlich vielen Journalisten erscheint, die Entschädigungen, die der Staat an die Kirchen für frühere Enteignungen jährlich zahlt, müssten jetzt nach so vielen Jahren endlich eingestellt werden – die kirchliche Raffgier kenne ja von alleine kein Ende.

So aktuell in einem 2-Minuten-Stück der Tagesschau von Sebastian Kisters, das die sogenannten Staatsleistungen als politisches Gemauschel skandalisieren will. Weiterlesen