Pressköppe

Pressefreiheit ist immer wieder ein Thema bei Spiegelkritik. Wenn den Medien der Zugang zu öffentlichen Veranstaltungen verwehrt wird, wenn Behörden Zitate vor Veröffentlichung frei geben wollen, wenn die Polizei meint, willkürlich entscheiden zu dürfen, was (über ihre Arbeit) berichtet wird und was nicht, dann fühlen wir uns auf den publizistischen Plan gerufen.
Allerdings ist auch recht schnell alles Wesentliche dazu gesagt. Es wiederholt sich dann fortan nur. Um dies zu vermeiden, hier eine Sammlung attraktiver Pressefreiheitsfeinde (wir führen in dieser Übersicht die prominenten Akteure / Gruppen – unabhängig davon, ob letztlich ein Management oder sonstwer Gegenstand der verlinkten Probleme ist):

Starke Einschränkungen für Fotojournalisten gibt es bei:
* Bon Jovi (DJV)
* Coldplay (DJV)
* Katie Melua (DJV)
* Rammstein (Protest Hamburger Konzertfotografen)
* Robbie Williams (DJV)
* Sasha (Interview)
* Tom Jones (DJV)

Weitere Artikel auf Spiegelkritik hierzu: Druckt schwarze Kästen (Interview) – Bilder nach Art des Hauses (journalist) – Pressefreiheit und Polizei

Ferner – unter dem Stichwort „Panoramafreiheit“:
* Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (RA Marion Janke; DJV)
* Zeche Zollverein Essen (Bonner Presseblog; Schockwellenreiter)

In Textbeiträge eingreifen wollen gerne:
* Unheilig (Weser-Kurier)

Kompliziert bei der Interview-Autorisierung:
* Götz George („Es gilt das gestrichene Wort“, Neue Osnabrücker Zeitung)
* Die Managerin von Florian Silbereisen (bewahrt ihn davor, Dinge gesagt zu haben) (Trierischer Volksfreund)
* Til Schweiger (am Beispiel neuer Tatort, meedia)

Einzelne Journalisten werden ausgesperrt bei:
* Fußballverein TSV 1860 (aufgrund vorangegangener missliebiger Berichterstattung) (BJV; Kicker); im November 2016 sperrte 1860 sogar gleich alle Journalisten aus und erteilte ihnen Hausverbot (tz)

Grundsätzliches zum Thema:
* Übersichtsartikel im Weser-Kurier (9. Dezember 2010)
* Privatzensur: Individualschutz vs. Pressefreiheit
* Einzelne Zitate sollten Journalisten nie autorisieren lassen (siehe: Informanten-Hinweise Journalistenbüro Bochum, Info“kasten“ unten)
* Auf ein ganz anderes Thema sei in diesem Zusammenhang noch verwiesen: die Weigerung vieler Medien, Autoren und Fotogragfen wie nach dem Urheberrechtsgesetz vorgeschrieben mit ihrem Namen zu nennen.
* Süddeutsche Zeitung über die Entstehung eines Interviews mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (Mai 2015)

Info“kasten“:

* Freie Journalisten sollten schon bei der Recherche darauf verzichten, sich als Mitarbeiter oder Autor eines bestimmten (renommierten) Mediums auszugeben. Das bringt Chancengleichheit für alle und klingt nicht nach dem Versprechen, es werde auch in einem bestimmten Medium ein Beitrag erscheinen.

* Freie Journalisten sollten bei Akkreditierungen kein Medium nennen, für das sie arbeiten oder Beiträge planen. „Das geht den Veranstalter schlicht nichts an“, meint z.B. Hendrik Zörner, Pressesprecher des DJV. Außerdem wächst damit die Gefahr, dass Veranstalter bei den Redaktionen Einfluss auf die Berichterstattung nehmen.

* Verträge, die in ihr Urheberrecht eingreifen oder sie für unkalkulierbare Folgeverwertungen haftbar machen wollen, sollten Journalisten nie unterschrieben. Hier ist auch die Solidarität der Medienschaffenden untereinander gefordert, um Qualität und Unabhängigkeit zu sichern. Massenhafter Boykott sei die einzig wirksame Gegenwehr, ermutigt etwa der BJV.

* Zitatfreigaben sind eine Unsitte, die den Journalisten auch nach einem Recherchegespräch noch vom Gutdünken des Befragten abhängig macht und ihm bereits vor Veröffentlichung Einblick in den Beitrag gibt. Nachträglich geschönte, geglättete oder angereicherte Zitate sind, so sie nicht als solche kenntlich gemacht werden, eine Verzerrung der Wirklichkeit. Wer auf Zitatfreigabe pocht, sollte einfach gar nicht zitiert werden. Die erhaltenen Informationen kann man gleichwohl – so sie wahr sind – verwenden. „Zitatfreigaben bürgern sich immer mehr ein, aber man sollte da auf keinen Fall mitmachen“, sagt Zörner.

(Letzte Aktualisierungen: 28. Oktober 2012; 5. März 2017)

6 Gedanken zu „Pressköppe

  1. Kirsten Gregor

    Ein sehr schöner Beitrag mit vielen wertvollen und aufschlussreichen Links, der mir voll aus dem Herzen spricht. Ich bin selbst als freie Journalistin (Text) tätig und habe selbst schon viele solcher unschönen Erlebnisse gehabt. Natürlich auch viele positive, aber auch ich merke, dass der „Autorisierungswahn“ deutlich zunimmt so nach dem Motto: Ich kann sagen, was ich will, ich kriege den Text ja eh zum Gegenlesen. Und das kann nicht der Sinn der Sache sein. Ich habe grundsätzlich kein Problem damit, meine Texte einzureichen. Es können sich immer kleine Fehler oder Missverständnisse einschleichen, für deren Korrektur ich dann sogar sehr dankbar bin. Ich habe es auch schon erlebt, dass ich im Nachhineien zusätzliche, wertvolle Antworten bekommen habe. Aber wenn Interviewpartner oder deren Agenten/PR-Agenturen anfangen, komplette Texte umzuschreiben und ganze Passagen zu streichen, dann geht das eindeutig zu weit.

  2. gegenEinheitsbrei

    Ach? Bedeutet Meinungsfreiheit, dass der Journalist die alleinige Deutungshoheit von Aussagen hat? Dass Zitate beliebig aus dem Kontext gerissen werden und in einem anderen Rahmen in neuem Licht erstrahlen dürfen? Könnte es nicht auch sein, dass immer mehr Menschen Zitate autorisieren lassen, weil der Meinungsjournalismus immer weiter um sich greift und die tendenzielle Berichterstattung überhand nimmt?

  3. Boris Glatthaar

    Ich bin kein Freelancer. Aber der Text deckt sich auch mit meiner Erfahrung, allerdings nicht nur im Bereich der Konzerte. Auch Veranstalter anderer Events neigen inzwischen dazu, Fotografen nur dann Akkreditieren zu wollen, wenn die Bilder dem Veranstalter kostenfrei zur völlig freien Verwendung in Kopie gegeben werden. Das hat mich bereits veranlsst zu entscheiden, eine Bitte um Akkreditierung für einen freien Kollegen wieder zurückzuziehen. Die Veranstaltung fand daraufhin in unserem Magazin gar nicht statt, was die meines Erachtens die einzig richtige Konsequenz aus derartigen Gängelungsversuchen war.

  4. Norbert Schmidt

    Wie weltfremd ist das denn ? Bin seit 30 Jahren freier Fotojournalist. Ohne Anbindung an eine Redaktion bekommt man heutzutage als freier Fotograf bei den meisten (gefragten) Sportveranstaltungen keine Akkreditierung mehr !
    Da nutzt es wenig, daß es den Veranstalter nichts angeht-es interessiert ihn schlicht und einfach nicht.

  5. Pingback: Vom Unterschied des Worts in Text und Ton | SpiegelKritik

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